Freitag, 27. September 2013

Auf dem Wege zur amerikanischen Staatsbürgerschaft: Teil 1

Vor ein paar Monaten war es nun endlich soweit! Nach über zwölf Jahren in den USA fühlte ich mich bereit, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu beantragen. 
Anfang Juni hatte ich dann das entsprechende Formular ausgefüllt und abgeschicht. 

Schon ungefähr zwei Wochen später flatterte die Benachrichtigung in den Briefkasten mit Angaben, wann und wo ich zur Fingerabdruckprozedur zu erscheinen hatte.

Laut dieser Benachrichtigung  sollte ich um 9 Uhr beim "Application Support Center" in El Paso auftauchen. Das Schreiben machte mich außerdem darauf aufmerksam, dass ich keine Begleitperson mitbringen dürfe - "wegen mangelnden Sitzgelegenheiten." (Und Handys, Fotoapparate, etc. seien auch nicht erlaubt.)

Also stand ich in aller Herrgottsfrühe auf und machte mich um 6:30 auf den Weg, da ich mit Morgenstaus rechnete. Nun ist El Paso allerdings doch wohl nicht ganz so schlimm wie Mannheim/Heidelberg. Ich segelte ohne Stau durch Downtown El Paso, kam um 8:30 an und stellte mit Erstaunen fest, dass etliche schon vor mir angekommen waren und draußen warteten. Ich hatte erwartet, dass das so ähnlich wie in einer Arztpraxis zugehen würde: Jeder/jede hat seinen/ihren eigenen Termin.

Als ich aus dem Auto ausgestiegen und allen Paperkram zusammengesucht hatte, war die Eingangstür auch schon geöffnet worden. Ich betrat das Gebäude und ein mürrischer Beamte gab mir ein Formular, wies auf das Drehregal mit den Schreibunterlagen und gab mir einen Stift. Ich bedankte mich artig und nahm Platz, um den Wisch auszufüllen. Gefragt wurde nach dem Namen, Telefonnummer, Größe, Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe usw. Beim Überreichen des ausgefüllten Bogens machte ich Mr. Mürrisch darauf aufmerksam, dass ich beim besten Willen nicht wüßte, was meine "Antragsnummer" wäre. Da lächelte er endlich und sagte väterlich, dass er das für mich ausfüllen würde. Gesagt getan.

Nach einem Blick auf mein mitgebrachtes Anschreiben, meiner Greencard und meinem nun vollständig ausgefüllten Formular, fragte er mich dann nach meinem Mädchennamen. 
"It's the same as my current name" („Der ist derselbe wie mein derzeitiger Name.“) Eine leichte Furche bildete sich auf seiner Stirn. „Ich habe meinen Namen behalten,“ fügte ich hinzu in der Hoffnung, dass diese Angelegenheit damit geklärt sei. War sie auch; er nickte, gab mir das "Learn About the United States" - Heft und fügte hinzu: „Wir rufen Sie unter dem Buchstaben V auf."

Also setzte ich mich wieder auf einen Stuhl. Der Fernseher mit einem Programm über den Einbürgerungsprozeß war zu weit im vorderen Teil des Raumes, als dass ich es hätte verfolgen können. Es herrschte eine eigenartige Stimmung in diesem Warteraum: Keiner von denen mit den Buchstaben von A bis U (also um die 20) sprach.

Punkt 9 Uhr öffnete sich eine Seitentür, eine nette Dame kam heraus und gab präzise Anweisungen, wo welche Buchstabengruppe sich im Raum nebenan hinsetzen solle. Schweigsam nahm jeder und jede Platz. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass drei Angestellte - und nicht etwa nur eine - für die Fingerabdruckprozedur zuständig waren, jede an ihrer eigenen "work station." „Legen Sie bitte Ihre Ohrringe ab," kam dann von einer der Frauen.

Verdutzt wandte ich mich zu meiner rechten Sitznachbarin. "Warum das denn?"
„Wir werden fotografiert," antwortete sie, mürrischer als Mr. Dann-Doch-Nicht-Mehr-So-Mürrisch. Also nahm ich meine Klunker vom den Ohren und faßte mich in Geduld. Mit meinem "V" konnte ich schließlich nicht auf ein baldiges Verlassen des Gebäudes hoffen.

Mir fiel auf, dass alle außer mir "Hispanics" waren; auch die drei Assistentinnen fühlten sich offensichtlich mit Spanisch wohler als mit Englisch. Der junge Typ zu meiner linken hatte einen mexikanischen Pass in seinem Schoß und lächelte mich ein paar mal verlegen an. Wir alle beobachteten unsere Vorgänger, um uns einen Eindruck davon zu verschaffen, was uns erwartete. Und das war dann wirklich nichts schlimmes.

Als ich endlich an die Reihe kam (als Vorletzte; das "W" war ein paar Minuten nach mir erschienen), wurde ich gebeten, auf einem Stuhl seitlich der Fingerabdruckstation Platz zu nehmen, während die junge Angestellte Daten eingab. Dann winkte sie mich zu sich, nahm ganz sachte meine Finger und legte zuerst die ganze Hand auf eine Glasplatte, dann jeden einzelnen Finger. Die Maschine biepte und die Abdrücke erschienen auf einem Bildschirm. „Machen Sie das den ganzen Tag lang?" fragte ich. “Den ganzen Tag lang," antwortete sie. Es entwickelte sich ein kurzes, nettes Gespräch über ihren Arbeitsplatz. Ich erfuhr, dass sie gerne eine andere Stelle hätte, „aber es gibt hier in El Paso keine Arbeit.“ Sie bat mich, wieder auf dem Stuhl Platz zu nehmen, da sie nun ein Foto von mir machen müßte. Wir scherzten, ob ich lächeln dürfe oder nicht. „Sie können lächeln. Sie dürfen nur nicht Ihre Zähne zeigen.“
Schließlich gab sie mir meine Greencard zurück, samt dem ursprünglihen Anschreiben mit ihren Initialen als Beleg und eine gelbe Karte: Customer Satisfaction Survey (Umfrage zur Kundenzufriedenheit).

Ich nahm nochmals kurz im ersten Warteraum Platz und kreutzte „gut" zu allen Fragen an. „Ausgezeichnet" wäre doch übertrieben gewesen! Es hätte allerdings auch schlimmer sein können. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ ich die Karte dann durch einen Schlitz in die dafür bereitgestellte Box fallen und trat hinaus.
Der hier ewig blaue Himmel und 39° Grad im nicht vorhandenen Schatten begrüßten mich.



4 Kommentare:

Claudia aus Kärnten hat gesagt…

Wow ...... das klingt ja spannend.....dann bist du ja bald amerikanische Staatsbürgerin .....oh wie ich dich beneide ;-) aber ich freue mich auch für dich!
Wir hoffen ja noch immer auf die glückliche Ziehung...*lol* geben aber nicht auf. Ich muss aber zugeben, dass die Hoffnung etwas schwindet....traurig!!

Was kannst du denn darüber berichten.....was für Vorteile oder Nachteile gibt es, wenn du jetzt amerikanischer Staatsbürger bist, gegenüber dem.....wenn du weiter nur die "Deutsche" hättest? Wie ist es denn derzeit so mit Krankenversicherungen? Ist es schon besser geworden? Du lebst nun schon 12 Jahre dort und hast Ahnung davon .....kann man gut leben, wenn z.B. der Mann Ingenieur ist? Du hast ja immer gute Posts.....schreibe mal was dazu, es würde mich freuen :-)

Viel Glück weiterhin ....

Liebe Grüße
Claudia (auch Ludwigshafener Mädsche)

Monika hat gesagt…

Liebe Claudia,

danke für Deinen Kommentar!

Ich bin US Staatsbürgerin seit dem 20. September. Werde demnächst hier über "Teil Zwei" und "Teil Drei" berichten.

Ich fühle mich mit der neuen Staatsbürgerschaft einfach sicherer. Ich habe vor, mich mehr zu Wort zu melden, z.B. in Form von leserbriefen an die lokale Zeitung, oder auch selbst Artikel zu schreiben. Meine Stimme hat dann mehr Gewicht, da sie nicht mehr von einer "alien," sondern von einer Bürgerin dieses Landes kommt.

Soweit ich sehen kann, hat der Erwerb der US Staatsbürgerschaft einen eklatanten Nachteil: Ich muß, auch wenn ich vielleicht mal wieder in Deutschland leben sollte, eine Steuererklärung fürs US Finanzamt ausfüllen. Das ist, wie ich von einigen "Expats" hörte, nicht so ohne, da man z.B. Guthaben auf der ausländischen Bank angeben/darlegen muß.

Wie sich "Obamacare" auswirkt, weiß ich im Augenblick noch nicht genau. Am Montag gehe ich zu einer Informationsveranstaltung zu diesem Thema. Obamacare wird erst im Januar in Kraft treten. Man hat aber bis Ende März Zeit, sich für einen Krankenversicherungsträger zu entscheiden. Ich persönlich bin über diese Entwicklung sehr froh!

Ob Ihr hier "gut" leben könntet mit einem Gehalt als Ingenieur, ist schwer zu sagen. Ich bin mir nicht sicher, wieviel Dein Mann in diesem Beruf hier verdienen kann. Die Lebenshaltungskosten sind von Bundesstaat zu Bundesstaat sehr unterschiedlich. Zwischen Deming, NM und z.B. San Francisco, CA liegen Welten!
Auch sind die Ansprüche der Leute bezüglich Besitztümer sehr unterschiedlich.

Vielleicht findet Dein Mann am Internet ein Jobangebot, das ihn interessiert und bewirbt sich einfach mal?
Falls Ihr "gut betucht" seid, schaut Euch mal das "investor's visa" an. Mit diesem Visum könnt Ihr hier ein Geschäft aufmachen, müßt aber einen "significant economical impact" machen, also Arbeitsplätze schaffen.

Liebe Grüße,
Monika

Claudia aus Kärnten hat gesagt…

Danke Monika für deine Info. Es gibt doch immer wieder neue Infos und somit sammle ich halt alles zusammen, um.....wenn es mal soweit ist.....gut vorbereitet zu sein. Mein Mann hat sich schon oft beworben, aber sie scheuen doch das Visum, was dann sehr lange dauert. Das Jahresgehalt ist auch nicht ganz so schlecht, denke davon könnte man gut und sicher Leben! Wir wollen ja keine Reichtümer, sondern ganz normal das Leben .....zwar ohne Sorgen, aber normal leben.
Dann werden wir halt weiter auf unser Glück hoffen..... bis dahin müssen wir halt weiter tolle Urlaube in den Staaten verbringen.

Wünsche dir weiter eine gute Zeit

LG
Claudia

Und nochmals Danke das du mir so offen geantwortet hast ....supi!

Monika hat gesagt…

Liebe Claudia,

wenn Du Lust hast, schreib doch mal, wo Ihr gerne hin wollt! New York? San Francisco? Austin?

Gibt es so was wie Austauschprogramme im Berufsfeld Deines Mannes? Ich weiß das von Lehrern/innen, die mal für ein Jahr hierher kommen.

Wenn Ihr hier in meiner Gegend zum Urlaub kommt, melde Dich!