Samstag, 14. Juli 2012

Im Land der Apachen

Luna County - mit Deming als Sitz - gehörte einst zu dem riesigen Gebiet, in dem die Chiricahua Apachen herumwanderten. Ihr Lebensraum erstreckte sich vom Rio Grande im Osten bis zur Südosttecke Arizonas und umfaßte den Nordteil der mexikanischen Bundesstaaten Sonora und Chihuahua.
Die Chiricahuas waren die letzten Indianer, die sich der US Armee ergaben. Am 4. September 1886 war es dann soweit, und Geronimo streckte im Skeleton Canyon in Arizona seine Waffen endgültig nieder.

Ihr könnt mehr über den Überlebenskampf dieser Indianer in Jerry Eagans Artikel für die Desert Exposure nachlesen. Hier ist der Link zu einem der Artikel: http://www.desertexposure.com/200712/200712_exile.php

Soweit ich weiß, haben sich die USA offiziell noch nie für das entschuldigt, was dann folgte. Alle, Kinder, Frauen, und Männer - und sogar die Scouts, die den Amis beim Aufstöbern der letzten ausgezehrten Apachen halfen - wurden als Kriegsgefangene nach Florida verschleppt. Insgesamt waren das nicht mehr als 500 Menschen, die in eine ihnen völlig fremde Umgebung und in menschenunwürdige Lebensbedingungen verfrachtet wurden. Auch die Kinder wurden ihnen weggenommen und in eine Schule nach Pennsylvania geschickt. In dem kalten, nassen Klima erkrankten viele der Kleinen und starben. Jerry Eagan erzählt in einem seiner Berichte, wie oftmals fieberkranke Kinder per Bahn alleine auf den weiten Weg nach Hause geschickt wurden, wo sie entweder mutterseelenallein im Zug starben (man stelle sich diesen Horror vor!) oder dann, falls sie es zu Mutter und Vater schafften, diese dann ansteckten.

Im Oktober 1894 wurden die Chricahua Apachen nach Fort Sill in Oklahoma geschickt, wo sie Land zum Farmen erhielten. Im Jahre 1913 wurden zwei Drittel des Stammes erlaubt, Oklahoma zu verlassen und sich auf der Reservation der Mescalero Apachen (ja, das sind Karl Mays Apachen!) - im südöstlichen Teil New Mexicos - niederzulassen. Ein Drittel blieb in Fort Sill, Oklahoma, fortan "Fort Sill Apaches" genannt - und nicht mehr - zumindest nicht mehr offiiell - "Chiricahua Apachen." Erst 1914 wurde der Status "Kriegsgefangene" aufgehoben.

Die meisten Indianer der USA, sofern sie den Genozid überlebten, wohnen in ihren angestammten Gebieten. Das gilt insbesondere für Stämme des Südwestens wie z.B. für die Navajos, Hopis, Zunis und für andere Pueblo-Indianer. Die Chiricahua Apachen sind die einzigen, von denen jeder Quadratmeter genommen wurde. Die Sehnsucht, "nach Hause" zu kommen, ist auch 126 Jahre nach Geronimos Kapitulation ungebrochen.

Nun spielt sich das letzte Kapitel dieses Dramas ausgerechnet in Deming ab!

Im Jahre 2002 erwarb der Stamm 30 acres (also umgerechnet 7,77 Hektar) der flachen, heißen Wüste, direct an der I 10 (der Autobahn 10) und nur wenige Kilometer östlich von Deming. Kurze Zeit später wurde ein flaches, funktionales Gebäude errichtet und das Apache Homeland Cafe eröffnet, in dem man nicht nur einen Hamburger verdrücken, sondern auch an den neuen Spielautomaten sein Glück versuchen konnte. Schließlich ist für viele Indianerstämme das Betreiben von Kasinos eine der wenigen lukrativen Erwerbsquellen, wo sie die Bleichgesichter legal abzocken können! Dieses Spiel dauerte allerdings nicht lange!

Im Februar 2008 schickte Governeur Richardson den Indianern die Polizei auf den Hals. Die State Police Officer waren angehalten, den Zugang zum Kasino zu versperren. Manche munkelten, dass die Polizisten dazu wenig Lust hatten und eigentlich mehr auf der Seite der Apachen standen.

Nachdem jedenfalls die Automaten verschwunden waren, versuchte man es mit Bingo, einem hier allerorten beliebten Glücksspiel. Schließlich hat selbst das Seniorenzentrum jeden Mittwoch eine "Bingo Night!" Aber auch dieser Art Erwerb machten New Mexico Politiker den Garaus. Seit September 2009 kann man im Apache Homeland Cafe nur noch essen, trinken, Zigaretten kaufen und sich die an der Wand befindlichen Fotos berühmter Apachen anschauen.

Nun geben sich auch diesmal die Apachen nicht so schnell geschlagen. Diesmal wird der Kampf mit ganz anderen Mitteln geführt. Der Stamm lädt mit gut geschrieben Artikeln in der Lokalzeitung zu öffentlichen Sitzungen ein. Die sind dann auch sehr gut besucht. Eine Überraschung für die sonst so apathische Stadt, in der unter der ewig heißen Wüstensonne nicht viel geschieht und wo nur wenig mehr als 10% an öffentlichen Wahlen teilnehmen! Auf diesen Sitzungen zeigen sich die Apachen wohl vorbereitet, rhetorisch sehr geschickt und sehr professionell. Auch für Erfrischungen wird gesorgt. Das Argument, im Falle einer Genehmigung für ein Kasino um die 900 Arbeitsplätze schaffen zu können, zieht. Die meisten in Luna County befürworten die Pläne der Apachen.

Ob das von Erfolg gekrönt wird, bleibt fraglich. Die Governeurin ist dagegen. Auch andere Indianerstämme sind von der Aussicht auf Konkurrenz nicht gerade begeistert. Allerdings kann das BIA (Bureau for Indian Affairs) den Indianern die Erlaubnis auch gegen den Willen der Governeurin Susanna Martinez geben.

Das Kasino würde den Apachen das Einkommen bescheren, das sie brauchen, um hier in und um Deming mehr Land zu kaufen. Denn den verbleibenden Stamm von ungefähr 800 Leuten "nach Hause" zu bringen, ist das eigentliche Ziel.

Ich jedenfalls drücke ihnen die Daumen.

Vor ein paar Wochen besuchte ich hier in Deming einen Vortrag über die Geschichte des Stammes von der Ankunft der Spanier bis heute. Hinterher kam ich mit Jeff Haozous, dem offiziellen Sprecher des Stammes, ins Gespräch. Der ist übrigens hellhäutiger als ich! Als ich ihn darauf ansprach, erklärte er, dass man nur 1/8 Apachenblut in sich haben muß, um als "Apache" zu gelten. Außerdem erfuhr ich, dass nur noch sehr wenige die Sprache sprechen, und ich lernte die junge Apachenfrau kennen, die ein computerisiertes Sprachprogramm entwickeln will, mit dessen Hilfe die junge Generation hoffentlich die Muttersprache erlernen kann.

Hier ist die Webseite der Fort Sill Apaches: http://www.fortsillapache-nsn.gov/

Und hier sind die Links zu ein paar Zeitungsartikeln zum Thema: