Dienstag, 20. Mai 2014

The Enchanted Cowboy

Über den natürlichen Umgang der Menschen hier bin ich immer wieder auf angenehme Weise erstaunt.

Letzten Samstag besuchten wir im nahe gelegenen Rockhound State Park eine Musikveranstaltung mit Mike Moutoux, dem "enchanting Cowboy."
Nun ist "Country Music" nicht gerade das Genre, mit dem ich meine Ohren auf bevorzugte Weise beglücke. Meinem Mann allerdings gefällt's, und es war sein Geburtstag.

Im "group picnic shelter" hatten sich an diesem warmen Maiabend etwa 50 Zuhörer/innen versammelt, die meisten im mittleren Alter. Stühle waren bereit gestellt, ebenso kostenlose Wasserflaschen und Popcorn. Der Eintritt war kostenlos, und die Aussicht von dort oben ist phänomenal!

Nachdem er aufs freundlichste vorgestellt wurde, begann Mike sein Programm. Was folgte, war bei weitem nicht das, womit ich gerechnet hätte (nämlich mit einem langweiligen Abend, während dem ich das Gähnen kaum unterdrücken können würde.)

Ich war überrascht! Nicht nur von seiner schönen, vollen Stimme, der Poesie seiner Lieder, die er selbst komponiert, sondern vor allem von der spontanen Interaktion zwischen ihm und seinem Publikum.

Als er z.B. Mogollon erwähnte, ein altes und kaum zugängliches Bergbaudorf nördlich von Silver City, fragte ihn einer der Zuhörer: "Kann man da eigentlich jetzt noch hin?" Es entwickelte sich ein kurzes Gespräch über ein Feuer, das vor kurzem in dieser Gegend ausgebrochen war und über die folgende Sperrung der einzigen Zugangsstrasse in dieses Dorf.
(Übrigens: Falls Ihr je in diese Gegend kommt, Mogollon ist ein Besuch wert! Die gewundene Straße bietet wunderschöne Ausblicke. Das Dorf selbst hat Cafes und ein kleines Museum.)

An anderer Stelle während seines Programmes fragte Mike nach den Hobbys seiner Zuhörer, einem Hobby "that makes the world go away" (das einen die Welt um sich herum vergessen läßt). Spontan gab es einige Zurufe. In Erinnerung ist mir der rothaarige Typ, der vor mir saß. "Kayaking," meinte er und fügte hinzu, dass er erst seit drei Monaten in Deming lebe und noch keinen geeigneten See gefunden habe. ("Der hätte sich  besser vor seinem Umzug kundig machen sollen!" fuhr es mir durch den Kopf.)

Als Mike sich eine kurze Verschnaufpause und ein Glas Wasser gönnte, stand ein älterer Mann auf, ging nach vorne und fragte, "Kann ich Ihre Hand schütteln? Ich hab hier so viel Spaß!" Mit einem breiten Grinsen schüttelte Mike seinem neuen Fan die Hand.

In der zweiten Stunde seines Abendprogrammes erzählte der Sänger von einem der ersten schwarzen Soldaten, der für seinen Mut in einer äußerst prekären Begegnung mit den Apachen in den Florida Mountains die "Medal of Honor" erhielt, die höchste militärische Auszeichnung der USA. (Übrigens liegt der Rockhound State Park, wo dieser nicht nur in musikalischer Hinsicht so unterhaltsame Abend stattfand, in eben diesen Bergen.) "Allerdings habe ich den Namen vergessen," gestand er.
"Clinton Greaves," kam es wie aus der Pistole geschossen von einem in der Zuhörerschaft!

(Ich hab's googlen müssen! Hier ist ein Link dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_African-American_Medal_of_Honor_recipients.)
Und wieder folgte ein spontaner Austausch, diesmal über die sogenannten Buffalo Soldaten, dem ersten nur aus Schwarzen bestehendem Regiment während der Indianerkriege, das u.a. im nahe gelegenen Fort Cummings stationiert war.

Wie gesagt, es war ein sehr angenehmer und entspannender Abend.
Und keiner hier muß sich mit Bier den Mut antrinken, um dann in der Öffentlichkeit aus sich heraus zu gehen.

In Erinnerung ist mir noch eine scherzhafte Bemerkung des Sängers: Zwei Dinge braucht der Mensch hier in New Mexico: Liebe zur Farbe Braun und Glaube in den kommenden Regen.

Recht hat er!

Wer mehr über Mike Moutoux erfahren will, hier ist die Adresse seiner Webseite:
http://www.enchantingcowboy.com/

Hier könnt Ihr ihn in Aktion bewundern:
https://www.youtube.com/watch?v=ZxsFl7zCNf4

Und Ihr kennt doch sicherlich "Ghost Riders in the Sky:"
https://www.youtube.com/watch?v=RJazNGFIkQE&feature=youtu.be&hd=1

P.S. Ich habe an diesem Abend auch das nette Ehepaar kennengelernt, das in den letzten Monaten im City of Rocks State Park (eine halbe Stunde nördlich von hier) als "camp hosts" gearbeitet hat. Er ist Brite, sie Finnin; beide wohnen in Zürich und sprechen fließend deutsch. Eine überraschende Gelegenheit, wieder mal in meiner Muttersprache zu sprechen!