Samstag, 14. Februar 2015

Öffentliche Verkehrsmittel?!

Wie einfach war das doch in Mannheim/Ludwigshafen gewesen! Selbst die entferntesten Stadtviertel waren mit Bus und Bahn erreichbar. Und das nicht nur einmal am Tag, sondern mehrere male in der Stunde.
Auch der Erwerb von Fahrscheinen war denkbar einfach. Man warf bei der Haltestelle entsprechende Münzen in einen Automaten und erhielt prompt seinen Fahrschein samt Wechselgeld. Eine Anschlagtafel gab Auskunft über Abfahrtszeiten von und Ankunftszeiten an weiteren Haltestellen.

Aber was erzähle ich Euch, die Ihr beneidenswerterweise in zivilisierteren Gebieten wohnt!

Nun ist es zugegebenerweise nicht ganz fair, europäische Ballungsgebiete mit amerikanischen Provinzkäffern zu vergleichen. Aber selbst in einer Stadt wie Las Cruces im südlichen New Mexico, die mit immerhin über 100 000 Einwohnern zu den größeren Städten zählt, ist es sehr schwer, ohne Auto auszukommen.

Hier ein Auszug aus Wikipedia über den öffentlichen Nahverkehr in Las Cruces (Hervorhebungen von mir):

The city operates a small transit authority known as RoadRUNNER Transit. RoadRUNNER Transit operates a total of nine routes running Mondays through Saturdays. There is no Sunday service. An adult fare is $1.00. The active fleet consists of three Nova Bus RTS (2000 model year) and 11 Gillig Advantage (2004 and 2008 model years) transit buses, all of which are 35 feet (11 m) long and wheelchair-accessible.

Im Klartext: Insgesamt sind lediglich 14 Busse unterwegs, Sonntags läuft gar nichts, und der Fahrpreis ist spottbillig!

In Deming, wo ich seit über zehn Jahren lebe, sieht die Situation natürlich nicht viel besser aus. Die Buslinie hier verweist mit ihrem spanischen Namen „Corre Caminos“ auf den „Roadrunner,“ einem für den Südwesten typischen Vogel, der lieber mit Spitzengeschwindigkeiten von 30 km per Stunde durch die Gegend rennt als fliegt.

Und so sehen die Kleinbusse aus:


Allein schon die Auskünfte über Abfahrtszeiten und Standorte der Haltestellen sind nicht einfach zu erhalten. Nachdem alle Internet-Reserche sich als zwecklos erwiesen hatte, machte ich mich vor ein Wochen auf den Weg zum zuständigen Büro in der Country Club Rd. Zunächst mal war da keine Menschenseele zu sehen. Nach einigem Rufen kam ein Angestellter aus dem hinteren Teil des Gebäudes, sichtlich irritiert. Nachdem ich mein Anliegen vorgetragen hatte, dauerte es einige Minuten intensiver Suche in Schubladen und auf staubbedeckten Regalen, bis ihm klar wurde, dass er mir das Verlangte nicht geben konnte. Daraufhin rief er Corre Caminos Hauptbüro in Silver City an, von wo dann endlich ein Fahrplan durch-gefaxt wurde!
Fahrscheine? Ach ja! „Die erhalten sie direkt beim Fahrer. Aber der gibt kein Wechselgeld heraus! Sie müssen also den Fahrpreis passend bei sich haben!“

Ein großes Plus hat der Corre Caminos allerdings aufzuweisen: Man kann sich für einen geringen Aufpreis direkt von zu Hause abholen lassen!

Da mein Mann wegen eines Augenleidens nicht mehr selbst fahren kann, machte er in der folgenden Woche die Probe aufs Exempel. Sein Arzttermin in Silver City – der Kleinstadt eine Stunde nördlich von hier – war um 10:45. In aller Herrgottsfrühe, nämlich um 6:45 (also vier Stunden vor dem eigentlichen Termin!) und damit 15 Minuten früher als vereinbart, tauchte der Kleinbus vor unserer Tür auf. Mein Mann hatte noch nicht einmal Zeit, seinen Toast zu verdrücken. Um 8:30 war er am „Terminal“ in Silver City, wo er glücklicherweise nur ungefähr zehn Minuten auf seinen Anschlussbus warten musste. Nach wenigen weiteren Minuten war er um 9 in der Arztpraxis. Um 11:30 war er dort fertig, hatte Glück und wurde von einem Bus zurück zum Terminal gebracht. Dann hieß es warten, warten und nochmals warten.

Die Abfahrtszeit des einzigen Busses zurück nach Deming war 14:35! Mittlerweile knurrte der Magen und er hätte gut und gerne zwei Pizzas verdrücken können. Da wir die Gegend kennen und wissen, dass vom Terminal aus ein Spaziergang zu einem meilenweit entfernten Restaurant entlang der vielbefahrenen Bundesstraße (die keinen Bürgersteig hat) nicht in Frage kommt, hatte er mit belegten Brötchen und einer kleinen Wasserflasche vorgesorgt. Um 16:30 dann holte ich ihn endlich bei Burger King in Deming ab! Er brauchte gut einen Tag, um sich von derlei Reisestrapazen zu erholen.

Er war also für einen Arzttermin, der nicht länger als 45 Minuten in Anspruch nahm, über neun Stunden unterwegs. Mit dem Auto wäre das eine drei-stündige Angelegenheit gewesen.

Kein Wunder also, dass man sich um einen Sitzplatz nicht sorgen muss. Die Kleinbusse sind so gut wie leer!

Fernverkehr? Da sieht es noch trostloser aus! Der Zug hält dreimal. Nicht dreimal in der Stunde, nicht dreimal am Tag! Nein, dreimal IN DER WOCHE! Um einen Fahrschein zu ergattern, muss man ans Internet und das Wochen vorher! Ansonsten bleibt einem nichts anderes übrig, als sich wieder des Autos zu bedienen.  

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