Freitag, 24. Mai 2013

Als Ausländerin in New Mexico

Wenn meine Mutter ihren Unmut gegenüber Menschen, die eine andere Sprache sprachen, zum Ausdruck bringen wollte, sagte sie mit dem verächtlichsten Unterton, den sie aufbringen konnte:  „Das ist ja ein Ausländer!“ oder „Das ist ja eine Ausländerin!“  Als meine Schwester sich dann einen Griechen als Freund zulegte, hing natürlich der Haussegen für eine Weile recht schief. Als Halbwüchsige war für mich von daher die Vorstellung, selbst mal Ausländerin zu sein, nicht allzusehr verlockend. Und meine Erfahrungen als deutsche Studentin in Zürich waren auch nicht sehr ermutigend.

Dennoch hatte ich hier in den USA von Anfang an keinerlei Befürchtungen. In den fast zwölf Jahren, in denen ich hier lebe, habe ich genau drei gegen mich gerichtete fremdenfeindliche Äußerungen gehört.

Die erste kam von einem Patienten am Krankenhaus in Yuma, im Bundesstaat Arizona. „We do not need you here!“ Ich habe vergessen, wie unser Gespräch daraufhin weiterging.

Die zweite und dritte Bemerkung kamen dann recht schnell hintereinander und zwar zu der Zeit, als die USA gerade mit dem Irak Krieg angezettelt und Deutschland sich geweigert hatte, da mitzuspielen. Ein Bekannter, den wir bei Wal-Mart trafen, murmelte zähneknirschend mit einem Blick auf mich etwas von dem „crap the Germans do to us,“ („crap“ kann mit „Kacke“ übersetzt werden) und dann im Besucherzentrum des Rockhound State Parks, wo ich einen „visitor pass“ erstand und die Dame sich nach meiner Nationalität erkundigte. „We won’t hold it against you.”  Meine Gegenfrage, “Why should you?” blieb natürlich unbeantwortet.

Glücklicherweise dauerte es ja nicht lange und die Öffentlichkeit begann, den Irak-Krieg als „Invasion“ zu bezeichnen und zu kritisieren. Damit konnte ich mich wieder sicher fühlen.

Nun bringt allerdings das Leben so nahe an der mexikanischen Grenze eine Unannehmlichkeit mit sich, die man als Ausländer/in ansderswo nicht hat: Man kommt aus Deming kaum heraus oder – wenn man von Columbus, dem Dorf direkt an der Grenze, kommt - nicht hinein, ohne eine Grenzschutzkontrolle zu passieren. Und die haben sich während der letzten Jahren vervielfältigt.

Die umfangreichste ist die „Border Control Station“ auf der I 10 (Autobahn 10), einige Meilen östlich von hier. Zwar kann man nach Las Cruces durchfahren; in entgegengesetzter Richtung allerdings müssen alle Fahrzeuge anhalten, und die Fahrer werden von Grenzschutzbeamten nach ihrer Nationalität befragt. Da mein Mann und ich vergleichsweise hellhäutig sind und wohl eher recht harmlos aussehen, werden wir oft einfach durchgewinkt. Wenn nicht, muß ich dann meine Greencard vorweisen. Nun ist das natürlich kein großer Aufwand und die Beamten sind i.d.R. sehr höflich, dennoch ist das stressig. Ich nehme an, es handelt sich hier um ein ähnliches Phänomen wie der leicht erhöhte Blutdruck in einer Arztpraxis. Allein die Tatsache, es mit einem Arzt zu tun zu haben – hier mit einem Beamten – ist „aufregend.“

Bei der Autobahn-Kontrolle werden auch Spürhunde eingesetzt, da man ja nicht nur Illegale einfangen will, sondern auch Drogenschmuggler. Es kann dann schon mal passieren, dass die Vierbeiner falschen Alarm schlagen, wenn man besonders leckeres Hundefutter im Kofferraum transportiert!

Die Kontrollen auf den Bundesstraßen, der 180 nach Silver City und der 26 nach Hatch, werden nur ab und zu aufgebaut. Dort nehmen sich die Beamten dann mehr Zeit, spähen schon mal durch die Scheiben in den Innenraum des Autos, fragen nach dem Woher und Wohin und plaudern gerne mit den Fahrern.  Desöfteren machen die auch nette Bemerkungen über mein Heimatland: “It’s really pretty there!” „I love Germany!“

Die Kontrollstation auf der Bundestraße 11 - von Columbus kommend - ist nun eine ständige Einrichtung. Wenn man also kurz zum Einkaufen oder beim Zahnarzt in Mexiko war, muß man zweimal durch die Kontrollen: die direkt an der Grenze, wo die Beamten manchmal ausgesprochen garstig sind, und am Highway 11, kurz hinter Columbus.

Wie gesagt, das ist alles keine große Schikane, vor allem, wenn man bedenkt, dass ja alle - die Staatsbürger/innen und die mit einer Greencard - diese Kontrollen passieren müssen.

Falls Ihr also hierher zu Besuch kommt, vergeßt nicht, Euren Paß oder Eure Greencard stets griffbereit zu haben! Ich weiß nicht, wie die Beamten reagieren, wenn Ihr Euch nicht ausweisen könnt. Ich habe mir sagen lassen, dass das dann nicht lustig ist!

Abgesehen von den Grenzschutzbeamten wollen natürlich auch andere wissen, woher man kommt. Schließlich meistern die wenigsten von uns Deutschsprechenden eine akzentfreie Aussprache des amerikanischen Englisch. (Ich fühle mich immer ganz gebauchpinselt, wenn jemand fragt, ob ich aus England bin!) Die Reaktion ist durchweg positiv, und der Frager erzählt entweder von seinen deutschen Vorfahren, die anno dazumal hier eingewandert sind, oder von schönen Urlaubstagen am Rhein oder in München.

Ich denke, es ist viel einfacher, hier Ausländerin zu sein als z.B. in Ludwigshafen am Rhein, wo ich aufwuchs.

An alle, die hier leben, was sind Eure Erfahrungen?

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