Montag, 26. Dezember 2011

Weiße Weihnachten: 24. 12. 2011


Wer hätte das gedacht! Als ich gestern aufwachte, war draußen alles weiß! Zwar schmolz der Schnee z.T. in der Nachmittagssonne, es war allerdings kalt genug, um die weiße Pracht zu erhalten. Heute morgen stellte ich fest, dass es in der Nacht wieder geschneit hatte. Nicht viel natürlich. Schließlich ist das hier der äußerste Süden New Mexicos.

Diese zwei bis drei Zentimeter auf den Straßen haben allerdings ungeahnte – und für manche unliebsame – Konsequenzen:

Wir erhielten gestern keine Post. Der Briefkasten wird auch heute leer bleiben. Alle Post kommt vom nächstgelegenen Briefzentrum, und das ist in Las Cruces. Die einzige Verbindungsstraße zwischen Las Cruces und Deming ist die Autobahn. Und die ist wegen Schnee gesperrt!

Dasselbe trifft auf die Zeitungszustellung zu. Auch unsere „Deming Headlight“ kommt aus Las Cruces.
So manche Weihnachtspäckchen und –briefe werden also nicht mehr rechtzeitig ankommen!

Nicht nur die Autobahn ist gesperrt, sondern auch alle Bundesstraßen. Meine Freundin Chris, die an der Bundesstraße 26 wohnt, wird heute wahrscheinlich nicht aus dem Haus können.

Der neue Pfarrer unserer Kirchengemeinde wohnt noch in Albuquerque und wird wahrscheinlich heute nicht nach Deming kommen können. Der Hl. Abend – Gottesdienst wird also vielleicht ausfallen.

Ich weiß also auch nicht, ob unsere Freunde, die im Mimbres Valley wohnen, morgen zum Essen kommen können.

Auch die Straßen in der Stadt sind nicht geräumt – aus dem gleichen Grund, aus dem alle anderen Straßen schneebedeckt bleiben: Die Stadt hat weder die Ausrüstung noch die Mittel, um das weiße Zeug beiseite zu schaffen. Es gibt keine Räumfahrzeuge! Es schneit so selten, dass sich die Anschaffung dieser teuren Fahrzeuge nicht lohnt.

Das Fahren ist also zuweilen herausfordernd. Zum Glück haben unsere Autos Allradantrieb! Ansonsten wären mein Mann und ich gestern mehrmals steckengeblieben!

Wegen der Sperrung der Autobahn platzt die Stadt aus allen Nähten. Reisende bevölkern die Motels, Brummifahrer verwandeln den Parkplatz des Großmarkts Walmart in einen Slalomparkur. (Die einzige Möglichkeit, gestern aus eben diesem Parkplatz herauszukommen, bestand in einem längerem Rückwärtsmanöver.)

Im Radio hörte ich eben, dass im Mimbres Valley Learning Center für diejenigen, die kein Motelzimmer finden – oder es sich nicht leisten können - eine Notunterkunft eingerichtet wurde. Das Rote Kreuz kümmert sich um die Gestrandeten.

Wie gesagt, es handelt sich hierbei lediglich um zwei bis drei Zentimeter Schnee!

Wir haben keinen Internetzugang. Das aber liegt wohl nicht am Schnee. Unser Internetzugang mittels einer Satellitenschüssel läßt schon seit Monaten vieles zu wünschen übrig! Ich werde also diesen Blogeintrag erst morgen (vielleicht) hochladen können.

Nachträglich also Frohe Weihnachten an alle Leser und Leserinnen!

Sonntag, 11. Dezember 2011

Es ist doch auch schön hier!


Letzte Woche war ich mit meinem Freund Barry und unseren Vierbeinern auf einer kurzen Wanderung in den Florida Mountains, die nur 15 bis 20 Autominuten vom Stadtzentrum entfernt sind.
Jedesmal, wenn ich dort bin, bin ich von der
Schönheit der Landschaft überwältigt.

Hier ein paar Fotos:

Blick vom "Saddle" in den Floridas Richtung Arizona

Auf dem Weg zu Cookes Peak

Vom Rockhound State Park Richtung Westen


Vom "Mahoney Park" Richtung Westen


Der kleine Wanderweg im Rockhound State Park


Ich fühle mich manchmal wirklich zerissen:
Einerseits will ich von hier weg, andererseits bin ich in der Wüste zu Hause!

Freitag, 2. Dezember 2011

Heimweh

Nach vielen Jahren ohne Weihnachtsplätzchen wollte ich uns nun die Adventszeit mit Zimtsternen, Nußtaler, Terassenplätzchen usw. versüßen. Also habe ich meine alten Rezepthefte durchgeblättert und mich bei der Auswahl wohlbedacht von allem, was Marzipan, Nougat oder Vanillezucker erfordert, zurückgehalten.

Dass diese Leckereien nicht erhältlich sind, ist mir seit meinem ersten Winter hier schmerzhaft bewußt!

Guter Dinge bin ich dann vor zwei Stunden mit meinem Mann zu Pepper’s, dem einzigen Lebensmittelladen hier (von der Großmarktkette Walmart abgesehen). Auf dem Einkaufszettel standen Selbstverständlichkeiten wie Johannisbeermarmelade, gemahlene Mandeln, gemahlene Haselnüsse und Oblaten.

Die Abteilung mit den „baking supplies“ war schnell gefunden. Von Mandeln oder gar Haselnüssen allerdings keine Spur! Wir liefen x-mal an denselben Regalen entlang, ich, weil ich es nicht fassen konnte, dass diese Dinge unerhältlich sein sollten, und mein Mann, weil er ein ewiger Optimist ist und sich gerne nach dem Motto verhält: Man muß nur lange genug suchen, dann wird man auch fündig!

Aller Optimismus war zwecklos. Meine Stimmung sank mit jedem Regal, das ich vergeblich absuchte. Mindestens 50 verschiedene Sorten von diesen Sch . . . Kartoffelchips (die, wie ich kürzlich erfuhr, kaum noch Kartoffeln enthalten)! Aber keine einzige Haselnuss! Ich hätte es sogar auf mich genommen, diese Dinge selber zu mahlen! Auch auf die Gefahr hin, dass meine Makronen weniger luftig und duftig aus dem Backofen kommen, weil die Haselnüsse eventuell nicht ganz so fein gemahlen gewesen wären, wie das Rezept es vorsah.

Meine mentale Kompromißbereitschaft half nicht. Die begehrten Nüsse blieben unauffindbar. Zwar fanden wir klitzekleine Päckchen mit gehobelten Mandeln - in der Süßwarenabteilung, allerdings für $4,19 für etwas mehr als 120 g!

Und ich hätte 350 g gebraucht! Das machte dann also $13 für gehobelte Mandeln!

Nach einigen Augenblicken meditativen Betrachtens der braunen Beutelchen entschieden wir uns, von dem Kauf dieser Mandeln Abstand zu nehmen.

Also keine Nußtaler! An diesem Tiefpunkt angekommen, war ich schon fast bereit, mir die gesamte Backerei aus dem Kopf zu schlagen!

Ich setzte allerdings meine Hoffnung auf Johannisbeermarmelade für die Terassenplätzchen.

Dasselbe unfaßbare Drama! Keine Johannisbeermarmelade weit und breit! Da stand ich nun, schwer atmend, wuterfüllt auf all die Gläser starrend. Dann fiel mein Blick auf „Red Plum,“ farblich an Johannisbeerkonfitüre erinnernd. Genug ist genug, entschied ich und stellte kurzerhand ein Glas von dem Pflaumenmus in den Einkaufswagen.

Der letzte Akt des heutigen Einkaufdramas bestand in der Suche nach den Oblaten. Als mein Mann nach einigen vergeblichen Runden durch den Supermarkt mich bat, ihm noch einmal zu beschreiben, was diese Dinger nun eigentlich sind, schwante mir Übles. Zwar ging ihm ein Licht auf, als ich das Gesuchte mit den Dingern verglich, die während des Abendmahls z.B. in der Anglikanischen Kirche ausgeteilt werden. Sein Vorschlag allerdings, dann eben unseren Freund, der Pfarrer dieser Kirchengemeinde ist, nach seiner Oblatenquelle zu befragen, jagte den letzten Rest meiner Backbereitschaft zum Teufel.

Du wirst oblatenlos bleiben, hörte ich eine Stimme sagen. Du wirst niemals wieder Makronen backen können! Das hast Du nun davon, in dieses - in weihnachtlicher Hinsicht - sittenlose Land eingewandert zu sein!

Auf der bedrückenden Nachhausefahrt reifte ein Entschluß heran. Nächstes Jahr werde ich auf diesem Blog von meinen Lesern und Leserinnen, die das unverschämte Glück haben, im weihnachtlich dekorierten, festlich beleuchteten, herrlich duftenden, mit Marzipan, Nougat, gemahlenen und ungemahlenen Nüssen angefülltem deutschsprachigen Raum zu leben, - ein CARE Packet zu erbetteln!!!!!!!!!!!!!! (Auch wenn es lediglich aus einem einzigen Tütchen Marzipankartoffeln besteht! Jede Spende wird gerne angenommen werden!)

Sonntag, 9. Oktober 2011

What are you doing in Deming?

Downtown Deming

Drei Fragen tauchen in jedem Gespräch mit Unbekannten auf: Where do you come from? Why did you come to Deming? What are you doing here?

Während die erste einfach zu beantworten ist, die dritte einiger Ausführungen bedarf, führt die zweite Frage unweigerlich zu einem inneren sich-an-den-Kopf-Fassen: Warum um Himmels Willen ist man nach Deming gezogen?!

Neuzugänge lerne ich an zwei Orten kennen: im Hundepark und in meinen Yogakursen im Deming Zen Center. Die Jüngeren und die, die noch etwas vom Leben erwarten – egal welchen Alters - erzählen stirnrunzelnd von ihren Eindrücken in Deming und mit leuchtenden Augen von ihren Umzugsplänen. Ein Einsichtsvoller faßte seine Zukunftspläne mit den Worten „back to civilization“ zusammen!

Die Mehrheit der Neuhinzugezogenen sind im Rentenalter, zufrieden, keinen Schnee mehr schaufeln zu müssen und in keinen Verkehrsstau mehr zu geraten. Des weiteren erfreut sich ein Großteil dieser Bevölkerungsgruppe am eklatanten Mangel an intellektueller und kultureller Anregung. Man kann guten Gewissens zu Hause bleiben und sich vor den Fernseher setzen!

Vor kurzem fiel mir ein interessantes Stückchen Papier in die Hände: Eine Liste von all den Dingen und Einrichtungen, die hier in Deming fehlen im Vergleich zu Grünstadt, der Kleinstadt an der Weinstrasse, wo ich vor meiner Auswanderung jahrelang lebte.

Die Liste ist neun Jahre alt.
Schriebe ich sie heute erneut, sähe sie fast genausso aus.

Beide Kleinstädte haben ungefähr 15 000 Einwohner. Beide liegen an einer Autobahn.
Hier schon enden alle Gemeinsamkeiten.

Deming hat keinen Bahnhof. Die zwei Amtrak-Züge, die durch Deming fahren, halten nur, wenn jemand aus – oder einsteigen will. Man muß regelrecht dem Lokomotivführer zuwinken und ihm so zu verstehen geben, dass man einsteigen möchte!

Für Europäer unvorstellbar!

Es gibt kein Schild, kein Wartehäuschen, keine Tafel mit Ankunfts- oder Abfahrtszeiten, keinen Kiosk, keinen Schalter, wo man eine Fahrkahrte erstehen könnte, noch nicht einmal einen Automaten.

Die Fahrkarte kauft man im Internet, und dort erfährt man auch die Ankunfts- bzw. dieAbfahrtszeiten. Die Auswahl an Zügen ist äußerst beschränkt! Wenn ich z.B. nächsten Donnerstag nach Austin (Texas) will, habe ich keine andere Wahl, als den „Texas Eagle“ um 6:10 zu nehmen! Nichts am Nachmittag, nichts am Abend! Und falls ich mich am Mittwoch auf die Reise machen wollte, sähe ich alt aus! Kein einziger Zug hält mittwochs! (Übrigens würde die Zugfahrt 26 ½ Stunden in Anspruch nehmen!)

Bevor man sich dann allerdings auf den Weg macht, ist man gut beraten, sich vorher telefonisch oder wieder im Internet der Ankunftszeit zu vergewissern. Die Amtrak hat regelmäßig Verspätung. Ich rede hier nicht von Minuten. Nein, es handelt sich um Stunden oder gar halbe Tage! Ein Bekannter von uns wollte seine Tochter aus Los Angeles abholen und wartete 13 Stunden – in seinem Auto!

Man kann in Deming keine landesweiten und schon gar keine ausländische Zeitungen erstehen. Während ich am Grünstadter Bahnhof die Times kaufen konnte (oder die Le Monde, den British Observer, eine italienische und türkische Tageszeitung), muß ich hier mit der Deming Headlight, der Las Cruces Sun News oder der El Paso Times vorlieb nehmen. Alle sind mehr oder weniger Lokalzeitungen. (Las Cruces ist die nächstgrößere Stadt Richtung Osten, und El Paso hat den nächstgelegenen Flughafen, zwei Stunden östlich von hier.)

Nun muß man wissen, dass die acht - Seiten dünne Deming Headlight auch gerne Deming Dim Light oder Deming Stop Light genannt wird. Aus gutem Grund. Die Rechtschreib-und Grammatikfehler sind so auffallend, dass manche Lehrer/innen das Geschreibsel dieser Zeitung im Unterricht verwenden – als Beispiel dafür, wie man es nicht macht!

Darüber hinaus erscheint dann schon mal ein Foto von einem Sonnenuntergang oder von Erntearbeitern auf einem Zwiebelfeld - so groß, dass es fast die gesamte Titelseite einnimmt; aus Mangel an Inhalt. Die heutige Ausgabe z.B. zeigt auf der ersten Seite ein großes Foto von einem Soldaten, der seine Tochter zu ihrem achten Geburtstag mit seiner Rückkhehr und mit bunten Luftballons überraschte.

Die letzte Seite ist dem Lokalsport gewidmet. Es gibt keinen einzigen das Ausland betreffenden Bericht.

Es gibt kein Cafe (hier coffee shop genannt). In den neun Jahren, in denen ich in Deming wohne, gab es lediglich zwei davon – zeitversetzt. Die Besitzerin des ersten machte aus gesundheitlichen Gründen ihren Laden dicht. Der andere - hinter dem Parkplatz von Wells Fargo - schloß erst kürzlich. Damit ähnelt Deming für jemanden wie mich, die in der Atmosphäre von Cafes Prüfungen, Vorträge und Seminare vorbereitete, eher einer Strafkolonie!

Es gibt keine Eisdiele. Dairy Queen mit seinen Softeiskreationen ist nun wirklich keine ernsthafte Konkurrenz! Und wer will sich schon mit einem Turtle Pecan Cluster Blizzard an einen knallroten Tisch setzen, der auf einem schwarz-weißen Fliesenboden befestigt ist, um sich unter grellem Neonlicht mindestens 700 Kalorien einzuverleiben, die eigentlich nur nach Zucker schmecken? (Und das ist die „kleine Portion!“ Wem es nach mehr gelüstet, nämlich nach 1460 Kalorien, bestellt sich „large,“ die große Portion!)

Es gibt keine einzige Bäckerei!
Kein frisches, knuspriges Brot oder noch warme Brötchen! Keine Schneckennudeln, keinen Mohnkuchen, keinen gedeckten Apfelkuchen! Oh Graus! Das allein ist ein Grund, ernsthaft ans Wegziehen zu denken!!!

Es gibt keinen Buchladen. Reader’s Cove verkauft lediglich gebrauchte Bücher, bestellt aber auf Wunsch neue. Und Bruce, der Besitzer, ist ein ganz Netter. Nächstes Jahr allerdings wird auch er seinen Laden dichtmachen!

Es gibt keine Volkshochschule (Community Education). Vor zwei Jahren schloß die University in Las Cruces ihre Zweigstelle in Deming - u. a. aus Mangel an Anmeldungen! Die wenigen, die an Trauminterpretation, Spanisch, Töpfern, Weben, Entspannungstechniken, Memoir-Schreiben usw. interessiert sind, müssen nun eine Stunde über die Autobahn nach Las Cruces.

Es gibt keinen Markt mit frischem Obst und Gemüse! Zwar verkauften zwei Bauern der Umgebung ihre Waren jeden Samstag auf dem – Flohmarkt. Das ist aber nun schon Jahre her. (Ich weiß nicht, warum sie aufgehört haben.) Nun ist man auf die beiden Lebensmittelgeschäfte angewiesen: Pepper’s, ein lokaler Famlienbetrieb, und Walmart. Die meisten Sachen dort sind importiert, glasiert, und mit Chemikalien bespritzt.

Es gibt keinen richtigen Park. Das, was hier als „Park“ bezeichnet wird, ist meist nichts weiter als eine Grünanlage oder ein Kinderspielplatz. Es gibt nur einen einzigen Grünflecken, der als „Park“ durchginge: Der Pit Park - mit Rundweg und Bänken. Direkt an der Autobahn gelegen, damit das tief-Durchatmen auch so richtig gesund ist!

Somit entfällt das Spazierengehen, eine hier eher unübliche Art des Zeitvertreibs. Man kann sich natürlich seine Joggingschuhe anlegen und durch diverse „neighborhoods“traben. Oder mit dem Auto an den Stadtrand fahren und eine der vielen schnurgeraden, menschenleeren, unbefestigten Straßen entlanglaufen und die ewigen Mesquite-Büsche bewundern.

Das Schwimmbad ist klitzeklein und hat nur während den Sommerferien geöffnet. Nur dann nämlich stehen Jugendliche als Lebensretter zur Verfügung. Sobald die Schule wieder beginnt, schließt das Bad. Die Stadt hat kein Geld für Gehälter und für Wartung.

Allerdings gibt es

* Über vierzig Kirchengemeinden, deren „Geistliche“ meist kaum eine theologische Ausbildung haben
* Mindestens zehn Fastfoodrestaurants

Der Fairnis halber:
Seit 2008 gibt es endlich öffentliche Verkehrsmittel und besser als in Grünstadt! Die Kleinbusse des Corre Camino halten mehrmals am Tage an allen wichtigen Lokalitäten, fahren sogar nach Columbus (dem Dorf direkt an der mexikanischen Grenze) und nach Silver City (eine Stunde nördlich von hier), fahren an den Wochenenden bis spät in die Nacht, so daß die, die dem Alkohol zugetan sind, nicht aufs Auto angewiesen sind. Darüber hinaus kann man sogar vorher telefonisch vereinbaren, gegen eine Mehrgebühr direkt vor seinem eigenen Haus abgeholt zu werden!

Das aber macht den Kohl nun wirklich nicht fett!

Auch wir haben angefangen, Umzugspläne zu schmieden!

Mittwoch, 3. August 2011

Falsche Versprechen!

Der letzte Regen im Jahre 2010 fiel irgendwann im September. Am 30. Juni hat es dann zum ersten mal in diesem Jahr "geregnet."

Ich setze "geregnet" in Anführungszeichen. Diese - hier schon fast unnatürliche - feuchte Angelegenheit dauerte etwa fünf Minuten und wäre in anderen Landesteilen kaum als "Regen" eingestuft worden.

Schlimmer noch! Die wenigen Tropfen bestanden allem Anschein nach lediglich zu 50% aus Wasser. Die andere Hälfte: Staub! Dieses Staub-Wasser-Gemisch setzt sich dann natürlich auf die Windschutzscheiben und auf den Rest des Autos, dass dann dringend einer eingehenden Reiningungsprozedur unterzogen werden muß.

Man kann natürlich auf weitere und kräftigere Regenfälle warten in der Hoffnung, dass die dann all die braunen Hinterlassenschaften des ersten Regens abwaschen. Und das tun sie auch. Der erste Regen reinigt die Luft vom Staub, setzt diesen freundlicherweise auf alles, was sich am Boden befindet, und die nachfolgenden Schauer waschen dann alles wieder ab. Ein eingespieltes Team.

Die zweiten Spieler sind allerdings bis jetzt während dieser Regenzeit so gut wie ausgeblieben. Zumindest in der Strasse, in der ich wohne.

Zwar zeigt sich des öfteren der Himmel vor allem gegen Abend in einem vielversprechenden Dunkelgrau bis zu einem verheißungsvollen Schwarz. Es blitzt und donnert. Kräftige Windböen kommen auf. Regen liegt in der Luft. Man kann ihn förmlich riechen. Und dann passiert - nichts! Absolut nichts. Überall und ringsherum regnet es! Und das nur ein oder zwei Meilen entfent! Man kann den Wolkenbruch mit bloßem und unbebrilltem Auge erkennen! Man selber aber bleibt auf dem sprichwörtlich Trockenen sitzen.

Letzte Woche goß es im Stadtzentrum wie aus allen Kübeln. Auf dem Nachhauseweg fühlte ich mich sehr beschwingt ob der Aussicht, endlich mal von der Bewässerungspflicht befreit zu sein. Ich traute allerdings meinen Augen kaum, als ich auf die Bundesstraße 418 einbog (zwei Minuten vom Stadtzentrum und fünf Minuten von meinem Haus entfernt) und bemerken mußte, dass hier der Boden knochentrocken war.

Das kann zartbeseiteten Seelen aufs Gemüt gehen. Man muß aufpassen, dass man diese Laune der Natur nicht allzu persönlich nimmt und etwa den Ausbleib des Regens als Beweis dafür nimmt, dass einem die Götter nicht wohlgesonnen sind und dass nur weiterer Mangel - in welcher Form auch immer - vom Leben zu erwarten ist.

Regen - oder Regenmangel - liefert auch ausreichend Material für mitunter neidvolle Gespräche. Eine meiner Kursteilnehmerinnen erzählte kürzlich mit leuchtenden Augen vom Wolkenbruch, der beneidenswerterweise in der Nacht zuvor auf ihr Grundstück niedergeprasselt war. Dass wegen eines Lochs im Dach ihre Küche hinterher fast unter Wasser stand, spielte nur eine sehr untergeordnete Rolle.

Der Rest von uns quittierte ihre Erzählung mit ein paar Sekunden neidvollen Schweigens, bevor eine von uns sich zu der schlaffen Erwiderung aufraffen konnte: "Bei dir hat es also geregnet?!"

Nun muß ich zugeben, dass es auch in unserer Strasse geregnet hat. Zweimal. Und dann maßlos, wie aus allen Kübeln. Eine geschlagene halbe Stunde lang. Ich hätte fast einen Freudentanz aufgeführt

Das ist nun auch schon wieder zehn Tage her!

Gestern verkündete mein Mann äußerst zuversichtlich, dass er auf seiner iGoogle - Seite eine „75%ige Chance auf Regen“ für unsere Stadt entdeckte. Allerdings ließ sich bei uns nicht ein einziges mickeriges Prozentchen blicken!

Summa summarum:

Regenwolken
  • lassen sich hier nur äußerst selten blicken
  • sind sehr wählerisch, wen sie mit ihrer Gabe beglücken
  • sind ausgesprochen knauserig und geben meist nur wenig von ihrem kostbaren Naß ab
  • oder kennen kein Maß und schütten innerhalb kurzer Zeit allles aus, was sie mit sich tragen

Noch etwas:

Da man hier nur an etwa fünf Tagen im Jahr die Windschutzscheibenreinigungsflüssigkeit (heißt das so auf Deutsch?) benötigt, vergaß ich, wie ich diese Flüssigkeit denn nun auf die Windschutzscheibe bringe. Alles Drücken auf die Seite des rechten Lenkradhebels erwies sich als zwecklos. Ich war schon fast dabei, mein Auto bei der Werkstatt anzumelden. Als ich vor ein paar Tagen aber nach Silver City und einem verheißungsvoll schwarzem Himmel entgegenfuhr, packte mich der Optimismus. Ob der freudigen Aussicht auf das begehrte Himmelsnaß wollte ich es doch genau wissen. Nach ein paar Momenten des Herumspielens mit diversen Lenkradhebeln auf der menschen -und autoleeren Bundesstraße stellte es sich heraus, dass ich diesen Hebel an mich heranziehen - und nicht drücken - muß.

Alles Ausprobieren war übrigens umsonst. Kein einziger Tropfen verirrte sich in unsere Gegend.

Montag, 6. Juni 2011

Tumbleweeds

Das Leben in der Wüste hat viele Seiten, an die man sich erst gewöhnen muß.
Oder auch nicht.

Zwar habe ich mich an den ewigen Sonnenschein und an die fünf-monatige Hitzeperiode (fast) gewöhnt und fühle mich im großen und ganzen hier heimisch, aber jedesmal, wenn an windigen Tagen diese braunen, runden, stacheligen, z.T. mannshohen Dinger über den Wüstenboden dahergerollt kommen, muß ich an mich halten.

Wovon ich rede?
Von "Tumbleweeds!"

Und so sehen sie aus:
In diesem Frühjahr steigt mir der Kamm besonders hoch. Vielleicht liegt das daran, dass ich nun Besitzerin eines Grundstücks bin, das im Tumbleweed -Paradies liegt.

Nach dem letzten Sturm hat es mich zwei geschlagene Stunden gekostet, bis ich diese Stacheldinger einigermaßen entfernt hatte. Im Winter darf man sie verbrennen. Das ist natürlich seit spätestens April nun verboten. (Wir hatten seit September keinen Regen.)
Nun sind wir glücklicherweise in der vorteilhaften Lage, dass wir das Braunzeug einfach über den Zaun auf die andere Seite schmeißen können. Schließlich haben wir keine unmittelbaren Nachbarn. Allerdings spendet diese Entsorgungsmöglichkeit kaum einen Trost.

Was sind denn nun eigentlich "Tumbleweeds?"
Heute also habe ich das Internet zu Rate gezogen, um zu erfahren, mit wem ich es hier eigentlich zu tun habe.

Ein Tumbleweed ist der ausgetrocknete Teil einer Pflanze, der sich von ihrer Wurzel gelöst hat und somit vom Wind in alle Richtungen gerollt werden kann.

"Ausgetrocknet" bedeutet hier allerdings nicht "abgestorben" wie etwa bei freundlicheren Pflanzen. Denn diese Dinger sind nicht nur kratzbürstig und haben keinerlei Hemmungen, ihre Stacheln an jeden weiterzugeben, dem es einfällt, sie mit bloßer Hand aus dem Weg zu räumen. Nein, es kommt noch viel schlimmer! Während sie nämlich so scheintot herumrollen (als hätten sie auch noch großen Spaß dabei!), verteilen sie großzügig ihre Samen, wohin auch immer der Wind sie verschlägt.

Solange wettermäßig alles beim alten bleibt, braucht man nicht viel zu befürchten.

Wehe aber, wenn es dann endlich, endlich mal regnet! Dann schlägt die Stunde der Tumbleweeds! Darauf haben diese hinterhältigen Samen, in der Bodenoberfläche lauernd, nur gewartet. In rasender Geschwindigkeit, fast über Nacht, und ü-b-e-r-a-l-l taucht dann widerliches Grünzeug auf, das alle anderen Pflanzen - wie etwa meinen liebevoll gehegten und erst kürzlich gepflanzten Minibäumchen - ihrer Nahrung, sprich: ihres Wassers beraubt.

Diese Samen sind natürlich mit jeglicher Art von Naß vollends zufrieden. Es muß nicht unbedingt Regen sein! Auch Bewässerungstropfen werden gerne verwendet, um Mit-Pflanzen den Garaus zu machen.

Einer Studie nach kann eine einzige Tumbleweed-Pflanze 44 Gallonen Wasser vom Land abschöpfen, auf dem Weizen angebaut wird! Nun weiß ich nicht, ob das 44 Gallonen an einem Tag, in einer Woche oder während einer Jahreszeit sind. Ist mir auch egal! Ich sehe ja mit eigenen Augen, was dieses Pflanzen-Raubtier mit meinen Bäumchen anstellt.

Also holte ich mehrmals in der Woche die Hacke hervor und hackte, was das Zeug hielt. Was sich anfänglich als eine ausgezeichnete Möglichkeit für körperliche Ertüchtigung anbot, mutierte schnell zur Gelegenheit des Dampf-Ablassens. Frustration und Ärger lösten sich nicht gerade in Luft auf, aber im Schweiße meines Angesichts.

Kürzlich aber dämmerte mir das Unausweichliche: Die grünen Dinger sind in der Überzahl. Und alles Hacken hilft nichts. Die Tumbleweeds sind einfach schneller!

Mir kommt das Märchen vom Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel in den Sinn. Durch eine List ist der Igel dem Hasen immer voraus, und der Hase - in seinem Wahn, gewinnen zu müssen -bricht letztendlich zusammen.

Aber nicht mit mir! Morgen gehe ich in ein bestimmtes Geschäft. Und dort werde ich zur letzten Waffe greifen, einem U-n-k-r-a-u-t-v-e-r-n-i-c-h-t-u-n-g-s-m-i-t-t-e-l !!

Sonntag, 15. Mai 2011

Die Modellflugzeuge sind verschwunden!

Im Februar schrieb ich über den Modellflugzeugclub, der sich regelmäßig hinter unserem Grundstück traf, um ihrer nervtötenden und lautstarken Passion ohne Rücksichtnahme auf Anwohner zu frönen.

Dem aufmerksamen Leser/ der aufmerksamen Leserin wird es nicht entgehen, dass ich nun in der Vergangenheitsform schreibe. Es ist das erste Wochenende, an dem wir uns vor dem Krach sicher fühlen! Und es ist herrlich!

Wie haben wir es geschafft, die Stadt Deming dazu zu bewegen, diesen Leuten die Erlaubnis, das Land hinter unserem Grundstück zu benutzen, zu entziehen?

1. Wir haben fast jedesmal den Sheriff geholt. Die konnten zwar nicht viel unternehmen, weil a) der Club die Erlaubnis von der Stadt hatte und weil b) der County keine noise ordinance (also Lärm betreffende Gesetze hat). Allerdings stapelten sich mit der Zeit die Berichte im Büro des Sheriffs. Außerdem gingen die Deputies natürlich jedesmal rüber zu den Lärmverursachern, um mit denen zu reden. Das war dann einigen Modellflugzeugbegeisterten peinlich, und die kamen dann nicht mehr. Die Aggressiveren allerdings ließen sich nicht beirren.

2. Wir schrieben einen fünf-seitigen Brief an den Stadtratsvorsitzenden, in dem wir ihm die gesundheitsschädigenden Folgen von Lärm verdeutlichten und ihn darum baten, die Erlaubnis an diesen Club zurückzuziehen.

3. Wir haben allen, die wir kennen, davon erzählt, u.a. dem Landratsvorsitzenden, ein Bekannter von uns. Der hat dann den Stadtrat angerufen und von ihm erfahren, dass der Club nach dem 1. Mai nicht mehr fliegen würde. (Es stelllte sich allerdings leider heraus, dass sein Wort nicht viel wert war!)

4. Wir haben uns an Noise Free America gewandt, eine non-profit Organisation für Lärmbekämpfung. Die haben eine Pressemitteilung verfaßt und an Hunderte von Zeitungen im ganzen Land geschickt, u.a. natürlich auch an die Deming Headlight, unsere Lokalzeitung.

5. Als die Typen um 7:40 an einem Samstag - nach dem 1. Mai! - ihr ersten Flugzeug in die Luft schickten, sind wir dem Stadtratsvorsitzenden mit fast täglichen Anrufen auf den Leib gerückt. (Jemand hatte uns seine Privatnummer zugeflüstert!)

Letzten Donnerstag sind die Möchte-Gern Piloten ein letztes mal angerückt, allerdings nicht um zu fliegen, sondern um ihre Sachen zu packen!

Wir wissen nicht, was sich alles in dieser Kleinstadt rumsprach und wer welche Fäden im Hintergrund gezogen hat. (Der Stadtratsvorsitzende verriet meinem Mann, dass die Zeitung sich bei ihm gemeldet habe!)

Wir hätten weiter gekämpft. Der nächste Schritt wäre eine Klage gegen die Stadt und den Flugzeugclub gewesen. Der letzte Schritt ein Umzug.

Das ist nun glücklicherweise nicht mehr notwendig.


Dienstag, 3. Mai 2011

Berufsvielfalt


Letzten Samstag waren wir bei einer der wenigen Theateraufführungen, die hier in Deming veranstaltet werden. Bette Waters, Hauptfigur dieser Veranstaltung, gehört zu meinem Bekanntenkreis. Schauspielerin ist beileibe nicht ihr erster oder gar einziger Beruf! Sie war Krankenschwester, Hebamme, und ist nun Schriftststellerin und Buchverlegerin.

Es gibt kaum jemanden in meinem Freundeskreis, der nur einen Beruf ausübte.
  • Mein Freund Barry war Straßenhändler, Zeitungsverleger, Schauspieler und Schriftsteller.
  • Mein Freund Tim war Psychologe in eigener Praxis, Leiter einer Klinik, und nun verkauft er chinesische Antiqutitäten.
  • Meine Freundin Chris war Schulbusfahrerin, Aushilfe in einem Tierheim, dann Sekretärin in einem Maklerbüro.
  • Meine Bekannte Joyce war Massagetherapeutin, Buchhändlerin, Krankenhausseelsorgerin, und verdient sich nun ihren Lebensunterhalt als psychologische Beraterin.
  • Mein Mann war Bauarbeiter, Besitzer von zwei Motorradgeschäften, Besitzer einer Baufirma, und nun ist er ein Home Inspector.
Meine Freundin Inez dagegen ist eine Rarität: Bisher übte sie nur einen einzigen Beruf aus, nämlich den der Apothekerin.
Ihr Mann übrigens war Fliesenleger und ist nun ein Makler.

Das ist etwas, was ich an diesem Land sehr mag. Viele wechseln mehrfach ihre berufliche Laufbahn, und ein Neubeginn mit 40, 50 oder gar mit über 60 Jahren ist keine Seltenheit.

Die Vorstellung, mit 18 oder 19 Jahren eine berufliche Entscheidung treffen zu müssen, die dann für den Rest des Lebens kaum noch verändert werden kann, ist meinen Freunden hier sehr fremd.

Ich litt sehr unter dem Zwang, mich in Deutschland so früh festlegen zu müssen. Als ich dann mit 32 beschloß, Psychologie zu studieren, stieß ich auf viel Unverständnis. Es gab doch tatsächlich einige Kollegen, die in diesem - jungen - Alter begannen, Pläne für die Zeit nach ihrer Pensionierung zu machen!

Nun erhält man hier nicht nur Ermutigung und Unterstützung für einen Berufswechsel und fürs selbstständig-Arbeiten; man wird auch ermuntert, dem Ruf des Herzens zu folgen, wohin auch immer der einen trägt und auch wenn er die sogenannte Sozialleiter hinunter führt.

In dieser Hinsicht fühle ich mich - 50-jährig und Pläne für einen vierten Beruf schmiedend - sehr zu Hause!

Montag, 25. April 2011

Mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen . . .

. . . hat hier eine Konsequenz besonderer Art: Man kommt in die Zeitung!

Das nebenstehende Foto zeigt einen Ausschnitt aus der Law Enforcement Rubrik der Lokalzeitung, der Deming Headlight.

Täglich kann man hier also nachlesen, wer - und in welchem Alter - weswegen und manchmal auch wo verhaftet wurde.

Aus der heutigen Ausgabe entnehme ich z.B., dass Martha Najera (49 Jahre alt) wegen Einbruchs eingebuchtet wurde. Ich erfahre auch, dass ungefähr 250 Meter Kupferdraht in der North Gold Avenue abhanden gekommen sind. Und dass eine 13-Jährige wegen Mißhandlung eines Familienmitglieds verhaftet wurde! (Hier ist es nicht nur erstaunlich, dass es sich bei der Täterin um eine Minderjährige handelt, sondern auch, dass diese verhaftet wurde!)

Heute sind 15 Vorfälle aufgelistet. Das allein wäre schon genug, um Deming in ein nicht gerade friedliches Licht zu rücken. Dabei erscheinen noch nicht einmal alle Vorfälle, die einen Polizeieinsatz erforderlich machen, in der Tageszeitung!

Vor kurzem wurde ein Mann in einer Hintergasse erstochen aufgefunden. (Der Täter wurde schnell gefunden.) Letzte Woche sind drei Sträflinge aus dem Knast ausgebrochen. Es dauerte ein paar Tage, bis auch der letzte wieder eingesammelt war. Ebenfalls vor ein paar Wochen kam ein Gefängnisinsasse ums Leben; die Untersuchungen laufen noch.

Soweit ich mich erinnern kann, gab es in den zehn Jahren, während denen ich in Grünstadt in der Pfalz wohnte, nur einen einzigen Mordfall. (Dafür mehr tödliche Autounfälle!) Hier geschehen jährlich mehrere Morde, und Mißhandlungen und Einbrüche sind an der Tagesordnung.

Aber zurück zur Zeitung: Strolche mit Angabe des Namens und der Anschrift in die Zeitung zu setzen wird als Schutzmaßnahme verstanden; es soll den Bürgern helfen, sich gegen andere - die nicht mit einer weißen Weste herumlaufen und die sich einer solchen zweifelhaften Prominenz erfreuen - zu wappnen. Das wird vor allem bei Sexualstraftätern ins Feld geführt, die sich nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis jedesmal, wenn sie umziehen, behördlich melden müssen. Darüber hinaus gibt es ein Verzeichnis von Sexualverbrechern, das von jedem am Internet eingesehen werden kann. Vor allem für diese Gruppe von Tätern gibt es kein Versteck mehr - für den Rest ihres Lebens!

Als ich vor zwei Jahren in einer Zeitschrift über die Internetadresse jenes Verzeichnisses stolperte, packte mich die Neugier. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus, als ich diesem Verzeichnis entnehmen mußte, dass zwei Männer, die nicht weit von mir entfernt wohnten, aufgelistet waren: mit Foto, Datum ihrer Verurteilung, Ort des Gefängnisses und Datum der Entlassung!

Verhütet es Verbrechen, straffällig Gewordene auf diese Weise bloßzustellen? Oder erzeugt es Mißtrauen - auf beiden Seiten, das dann widerum zu Verhaltensentgleisungen und eventuellen Straftaten führt?

Ich gestehe, dass ich täglich die polizeilichen Bekanntmachungen lese. Bisher bin ich allerdings noch nicht über einen bekannten Namen gestolpert. Was würde ich dann tun?

Sonntag, 6. Februar 2011

Ruhe Bitte!

Die Weite der Hochwüste im südlichen New Mexico – und anderswo – ist eine Landschaft der Stille. Ohne Ortschaften und ohne Menschen auf Tausenden von Hektar gibt es kaum einen Laut zu hören. Wer auf einer der einsamen unbefestigten Strassen durch offenes Ranchland geht, wird selbst von der lautlosen Gangart der Rinder überrascht.

Nun kann man Menschen in zwei Gruppen einteilen: Solche, die die Stille lieben und solche, die nichts anderes mit ihr anzufangen wissen, als sie mit Lärm zu füllen.

Deming, inmitten dieser schweigenden Hochwüste, ist leider keine Hochburg für Zeitgenossen, die zur ersten Gruppe gehören. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Arbeitslosenrate ist mittlerweile auf 20% geklettert, eine der höchsten im ganzen Land! Über 30% der Bewohner leben an oder unterhalb der Armutsgrenze. Über 20% sind für weniger als neun Jahre zur Schule gegangen.

Wo Armut ist, ist Lärm. Wer ein niedriges Bildungsniveau hat, pflegt keine intellektuellen Hobbies, die Ruhe erforderlich machen. Dazu kommt der hohe Anteil von „Hispanics“ (über 55%), die – so hat es den Anschein – einfach einen lauteren Menschenschlag darstellen.

Wir lebten bis vor kurzem 25 Meilen von der Stadt entfernt in einer Gegend, wo die nächsten Nachbarn fast 2 km entfernt wohnen. Ein Paradies für die Ohren! Außer dem nächtlichen Geheul der Koyoten war nichts zu hören.

Meistens jedenfalls. Regelmäßig von Mitte Oktober bis Ende Februar änderte sich das leider. Dann nämlich ist Jagdzeit. Während den wenigen Monaten, wenn der Aufenthalt im Freien erträglich wäre, hört man dann regelmäßig Schüsse von den nahegelegenen Florida Mountains, vor allem an Sonntagen. Selbst am Heilig Abend und am Weihnachtstag wird geballert!

Nun zogen mein Mann und ich vor ein paar Wochen in ein schönes, aber renovierungsbedürftiges Häuschen in einer „established neighborhood“ am Westrand der Stadt.

Das kleine Haus gefiel uns, weil es a) ein älteres Steinhaus mit dicken Mauern ist (kein Fertighaus, das mit Spanplatten innerhalb von sechs Wochen hochgezogen wird) und b), weil es von freiem, unbebautem Land umgeben ist. Wir haben also keine unmittelbaren Nachbarn, die uns mit Musikgeplärre oder nächtlichen Parties auf den Geist gehen könnten.

Diese unbebaute Land um uns herum gehört der Stadt Deming. Und die hat unglücklicherweise vor einigen Jahren einer Gruppe von Leuten, deren Hobby Modellflugzeuge sind, die Erlaubnis gegeben, eben jenes Gelände zu benutzen!

Weder mein Mann noch ich wußten, worauf wir uns mit dem Kauf dieses Grundstücks einlassen würden. Nun haben wir drei- bis viermal in der Woche direkt hinter unserem Haus Leute, deren Vergnügen darin besteht, ihre Flugzeuge für drei bis vier Stunden durch die Luft sausen zu lassen. Wir hören den Lärm selbst in unserem Steinhaus! Stell Dir vor, Du bist einer zwei- oder sogar drei-Meter langen Mücke und ihrem ständigen Surren ausgesetzt!

Die Kurzzeitlösung besteht in der Form von Ohropax, die ich glücklicherweise bei amazon.com erstehen kann! (Die sind nämlich viel besser als alle anderen hier erhältlichen Ohrenstöpsel.)

Um die Langzeitlösung – nämlich dem Entzug eben jener Erlaubnis an die Lärmverursacher – müssen wir kämpfen. Nun haben wir schon einige Nachbarn auf unserer Seite. Und gestern verbrachten wir den gesamten Tag vor dem Computer und fanden am Internet interessante Details hinsichtlich tödlicher, von Modellflugzeugen versuchten Unfällen.

Dazu kommt, dass diese Dinger mit hochexplosivem Benzin an Bord über Gasleitungen fliegen, die sich ebenfalls direkt hinter unserem Grundstück befinden. Wir hoffen inständig, dass El Paso Natural Gas, die wahrscheinlich keine Ahnung von diesen Flugaktivitäten hat, einen gehörigen Aufstand macht und der Stadt die Leviten liest.

Ob es was nutzt, werden wir sehen.
Wenn nicht, ziehen wir wieder um!