Der schöne Schal liegt vor mir auf dem Tisch. Frisch ausgepackt, ein Weihnachtsgeschenk meiner Freundin Maria! Ein Blick auf das Etikett ergibt, dass er aus Bolivien ist und gestrickt mit edler Alpakawolle. Ich lege ihn mir um den Hals. Nach nur einer Minute ist klar, dass er zwar etwas kratzt, aber ansonsten genau seinen Zweck erfüllt: Er wärmt, und zwar ungemein!
Seufzend lege ich ihn zurück auf den Tisch und blicke aus dem Fenster in einen blauen, wolkenlosen Himmel.
Neben der Tür stehen meine neulich erstandenen Winterschuhe, gefüttert, wasserabweisend und von daher für Schnee und Matsch bestens geeignet. Erinnerungen an den Kauf und den Schuhladen kommen auf: Die Verkäuferin war sehr behilflich gewesen, war hin und her gelaufen, im Lager verschwunden, um mir die richtige Größe zu bringen - alles in kurzen Ärmeln und Caprihosen! Die Kaufaktion fand Ende Oktober statt, ich noch voller Hoffnung auf einen baldigen und ordentlichen Wetterumschwung.
Ich hatte mich von der ewigen Sonne und den im Schatten gemessenen 18° nicht beirren lassen und erstand Mitte November bei Walmart eine gefütterte Jacke. Es MUSS doch bald kalt werden, dachte ich.
Ich häkelte mir sogar schöne, super-weiche Ohrwärmer, die genau zu meinen Jeans und zu oben erwähnter Jacke passen würden.
Heute muß ich meinen Mann nach Silver City zum Arzt bringen, eine Kleinstadt, die höher liegt und deren Einwohner von daher ab und zu einen grauen Himmel und Schnee erleben dürfen. Wie ich sie beneide!
Die Wettervorhersage war äußerst vielversprechend: Nur 6°!
Das ist meine Chance, fährt es mir durch den Kopf. Endlich kann ich in jene gefütterten Schuhe schlüpfen, die neue Jacke anziehen, den geschenkten Schal um den Hals wickeln, und vielleicht sogar meine Ohren mit dem Selbstgehäkelten vor rauhem Winterwetter schützen. Voller Vorfreude ziehe ich mich an, packe Mann und Hunde ins Auto, und los geht es, eine Stunde nach Norden.
Es dauert allerdings nicht lange und Schweißtropfen bilden sich auf der Stirn. Auch das Ausschalten der Heizung im Auto bringt wenig Abhilfe. Ich schwitze. Also lege ich Schal und Jacke beiseite. Auch das ist von wenig Erfolg gekrönt. Ich schwitze immer noch.
In Silver City angekommen setze ich meinen Mann bei der Arztpraxis ab und dann alle Hoffnung auf den Hundepark. Dort, draußen und in der Kälte, werde ich doch hoffentlich wieder meine Jacke anziehen müssen und mir den funkelnagelneuen Schal um den Hals legen können!
In voller Winterausrüstung stehe ich also im Hundepark. Während die Vierbeiner übermütig herumspringen, sinkt meine Stimmung auf den Nullpunkt. Mir ist warm. Sehr warm sogar. Zu warm! Ich muß die Jacke wieder ausziehen, den Schal ablegen, und - schlimmer noch - die viel zu warmen Schuhe ertragen, da ich kein anderes Paar mitgebracht habe!
Auch hier, nichts als enttäuschendes Sommerwetter! Im Dezember! Die vielversprechenden 6° sind mal wieder eine - in meteorologischer Hinsicht - völlige Fehleinschätzung gewesen! Und ich hatte wieder vergessen, dass 6° oder 8° im Schatten mindestens 15° im schattenlosen Hundepark ergeben!
Schlecht gelaunt hole ich meinen ahnungslosen Mann ab, schmeiße alle unnützen Kleidungsstücke auf den Rücksitz (so dass unsere drei Hunde es sich auf ihnen bequem machen können!) und fahre durch die Wüstenlandschaft nach Deming zurück.
Zuhause angekommen, überprüfe ich nochmals die Wettervorhersage: 10° nun für Silver City und 14° für Deming! Also gut 20° sobald man sich NICHT im Schatten aufhält.
Aber warte mal! Ha! Mein Auge schweift über die Nachttemperaturen: Herrliche 0°! Und keine störende Sonne kann dazwischenkommen!
Eine Idee formt sich. Vielleicht, vielleicht sollte ich einfach einen Nachtspaziergang unternehmen, mit allem drum und dran: den gefütterten Schuhen der neuen Jacke, dem Schal aus Bolivien, den Ohrwärmern . . .
Sonntag, 21. Dezember 2014
Montag, 8. September 2014
Demings andere Hälfte
Seit letzter Woche sind die Arbeiten an unserem Grundstück endlich, endlich (nach fast vier Jahren) abgeschlossen. Für das letzte Projekt - den Boden von ALLEM Unkraut befreien und mit Kies belegen - mußten wir Hilfe anheuern. Mein Mann und ich wären entweder beim Schieben der Schubkarren in der brütenden Hitze zusammengebrochen oder wir hätten noch einmal ein Jahr an Arbeit anhängen müssen.
Keine Aussichten, die uns begeisterten!
Also erstellte ich einen ansprechenden "help wanted"- Flyer, den mein Mann dann an der Anschlagtafel beim Wohlfartsamt in der Pear Street befestigte.
Schon eine Stunde später kamen die ersten Anrufe von arbeitswilligen Mitmenschen. "First come, first serve," war unsere Devise, und wir hätten auch weibliche Schwerarbeiter willkommen geheißen.
Wir benötigten vier und hatten auch bald vier Namen auf unserer Liste.
Allerdings tauchten nur zwei am nächsten Morgen auf, Anthony und Joe. Da die zwei Frauen ausblieben, bot Joe uns an, seinen Cousin anzurufen. Gesagt, getan, und Richard gesellte sich nach etwa 30 Minuten zu uns. Außerdem sprang Daniel, ein Freund von uns, ein.
Alle vier sind Hispanics - trotz der englischen Namen, haben also ethnische Wurzeln in einem Land südlich von hier. Da der Rest der Nation - also diejenigen, die zur europiden Rasse gehören (hier "Caucasian" genannt), große Schwierigkeiten mit der Aussprache aller nicht-englischer Namen hat, "verenglischen" viele Hispanics ihre Namen. Joe is eigentlich Jose, Richard Ricardo, Anthony Antonio.
Alle vier schufteten wie verrückt, legten kaum eine Pause ein, und mußten zum Mittagessen fast gezwungen werden. Da saßen also alle um unseren Tisch, und gemeinsam verdrückten wir drei Pizzas.
Zu diesem Zeitpunkt war ihnen klar geworden, dass wir nette Leute sind. (Unser Freund Daniel wußte das natürlich schon länger!) Jedenfalls tauten sie auf und erzählten, noch etwas schüchtern, aus ihrem Leben. Die Erzählungen vertieften sich am nächsten und übernächsten Tag.
Mein Mann und ich staunten.
Da Jose nun über eine große Familie verfügt mit dutzenden Cousins und zukünftigen Schwägern, war bald für Ersatz gesorgt. Diesmal tauchte er mit seinem Onkel Raul auf und mit Jess, dem "boyfriend" einer seiner Schwestern.
Zur Mittagszeit erfuhren wir folgendes:
Die andern Hälfte Demings! So also sieht "Armut in Deming" aus.
Es ist eine Sache, von Hunger, undichten Dächern, die wegen Geldmangel nicht reparariert werden können, und von jungen Leuten, die beim Drogenhandel erwischt werden, in der Zeitung zu lesen.
Eine andere Sache ist es, eben diese Mitmenschen am eigenen Tisch sitzen zu haben und ihnen zuzuhören.
Dem 2010 Census gemäß leben 32.9% - also mehr als jeder Dritte! - der Bevölkerung in Deming unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.
Diese betrug in 2013 $15 510 für einen Zwei-Personen-Haushalt, $19 530 für einen Drei-Personen- und $23 550 für einen Vier-Personen-Haushalt. Bei fünf Leuten - wie in Joses Fall - sind es $27 570.
(Die Zahlen sind etwas höher für Alaska und Hawai wegen der höheren Lebenshaltungskosten in diesen Bundesstaaten.)
Jose erhält also jährlich noch nicht einmal $10 000! Das ist bittere Armut.
Es gibt natürlich viele Hilfsaktionen in Deming, kostenlose Mahlzeiten in den Schulen, kostenlose Krankenversicherung für mittellose Kinder, und öffentliche Beihilfen z.B. zu den Nebenkosten. Vor allem die Heizungskosten im Winter können erheblich sein, da die Häuser oft undichte Fenster und dünne Wände haben. Viele frieren, manchen wird die Elektrizität wegen ausstehenden Rechnungen abgeschaltet.
Die Armut ist bedrückend und allgegenwärtig. Es ist deprimierend, in die Innenstadt zu gehen. Die meisten kleinen Geschäfte haben dicht gemacht, die Fenster sind verbrettert. Es gibt keine Arbeitsstellen für höher Qualifizierte.
Es gibt auch keinerlei intellektuelle oder kulturelle Stimulation. Nichts zum Unternehmen, keine Parks, noch nicht einmal ein Ort zum Spazierengehen.
Die Selbstmordrate vor allem unter den jungen Menschen ist hoch. Eine Professorin an der kleinen Uni in Silver City gab während eines Vortrages an, dass ungefähr 17% der jüngeren Menschen (der bis 25-Jährigen?) versuchen, sich das Leben zu nehmen. (New Mexico, das zu den ärmsten Bundesstaaten gehört, hat die zweithöchste Selbstmordrate in den USA.)
Am letzten Donnerstag dann hieß es, Abschied nehmen. Wir haben die Telefonnummern unserer hispanischen Helfer an alle unsere Freunde und Bekannte weitergegeben. Mittlerweile haben sich neue Aushilfsjobs für sie ergeben.
Am selben Tag wollten wir mein Auto zum einzigen Windschutzscheibenreparaturbetrieb bringen, den es hier gibt. Der Besitzer dieses Betriebes saß in einem Kleinlaster in seiner Werkstatt- sternhagelvoll! Er bat uns, an einem anderen Tag wieder zu kommen.
Auf dem Heimweg dann sahen wir zwei herrenlose, spindeldürre, aber wunderschöne Hunde.
Beides - der Alkoholkonsum und das Aussetzen von Hunden - sind leider andere weitverbreitete Symptome von Armut.
Es wird wirklich Zeit für uns, nach zwölf langen Jahren von hier weg zu ziehen!
Es ist einfach zu deprimierend.
Keine Aussichten, die uns begeisterten!
Also erstellte ich einen ansprechenden "help wanted"- Flyer, den mein Mann dann an der Anschlagtafel beim Wohlfartsamt in der Pear Street befestigte.
Schon eine Stunde später kamen die ersten Anrufe von arbeitswilligen Mitmenschen. "First come, first serve," war unsere Devise, und wir hätten auch weibliche Schwerarbeiter willkommen geheißen.
Wir benötigten vier und hatten auch bald vier Namen auf unserer Liste.
Allerdings tauchten nur zwei am nächsten Morgen auf, Anthony und Joe. Da die zwei Frauen ausblieben, bot Joe uns an, seinen Cousin anzurufen. Gesagt, getan, und Richard gesellte sich nach etwa 30 Minuten zu uns. Außerdem sprang Daniel, ein Freund von uns, ein.
Alle vier sind Hispanics - trotz der englischen Namen, haben also ethnische Wurzeln in einem Land südlich von hier. Da der Rest der Nation - also diejenigen, die zur europiden Rasse gehören (hier "Caucasian" genannt), große Schwierigkeiten mit der Aussprache aller nicht-englischer Namen hat, "verenglischen" viele Hispanics ihre Namen. Joe is eigentlich Jose, Richard Ricardo, Anthony Antonio.
Alle vier schufteten wie verrückt, legten kaum eine Pause ein, und mußten zum Mittagessen fast gezwungen werden. Da saßen also alle um unseren Tisch, und gemeinsam verdrückten wir drei Pizzas.
Zu diesem Zeitpunkt war ihnen klar geworden, dass wir nette Leute sind. (Unser Freund Daniel wußte das natürlich schon länger!) Jedenfalls tauten sie auf und erzählten, noch etwas schüchtern, aus ihrem Leben. Die Erzählungen vertieften sich am nächsten und übernächsten Tag.
Mein Mann und ich staunten.
- Es stellte sich heraus, dass unser Freund Daniel mit Ricardo verwandt ist, die beiden sich allerdings an diesem Morgen erst nach vielen Jahren wieder gesehen hatten. Grund: Ricardo hatte ein paar Jährchen im Knast verbracht wegen Drogendelikte.
- Jose lebt mit drei Kindern und einer hochschwangeren Frau bei seinen Schwiegereltern, da sie sich ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung nicht leisten können.
- Wir erfuhren auch, dass weder Ricardo, noch Jose oder Antonio über ein Auto verfügen - zumindest nicht über ein funktionierendes - und somit von Familienmitgliedern abhängig sind, wann immer einer von ihnen irgendwo hin muß.
Da Jose nun über eine große Familie verfügt mit dutzenden Cousins und zukünftigen Schwägern, war bald für Ersatz gesorgt. Diesmal tauchte er mit seinem Onkel Raul auf und mit Jess, dem "boyfriend" einer seiner Schwestern.
Zur Mittagszeit erfuhren wir folgendes:
- Jess, 34 Jahre alt, ist geschieden, hat drei Kinder, die bei seiner Frau in Colorado leben. Er aber sorgt für seine achtjährige Tochter, die wegen einer unheilbaren Krankheit am sterben ist.
- Auch Jose war mal im Knast.
Seine Frau hatte kurz vor ihrer Schwangerschaft einen Herzinfarkt, ihre Ärtze rieten zu einer Abtreibung, sie aber entschied sich, das Kind auszutragen, auch wenn sie nur eine 50%ige Überlebenschance hat
"Wovon lebt ihr eigentlich?" fragte ich. "Ich erhalte eine Berufsunfähigkeitsrente von $635. Und von Jobs wie denen bei euch."
Die andern Hälfte Demings! So also sieht "Armut in Deming" aus.
Es ist eine Sache, von Hunger, undichten Dächern, die wegen Geldmangel nicht reparariert werden können, und von jungen Leuten, die beim Drogenhandel erwischt werden, in der Zeitung zu lesen.
Eine andere Sache ist es, eben diese Mitmenschen am eigenen Tisch sitzen zu haben und ihnen zuzuhören.
Dem 2010 Census gemäß leben 32.9% - also mehr als jeder Dritte! - der Bevölkerung in Deming unterhalb der offiziellen Armutsgrenze.
Diese betrug in 2013 $15 510 für einen Zwei-Personen-Haushalt, $19 530 für einen Drei-Personen- und $23 550 für einen Vier-Personen-Haushalt. Bei fünf Leuten - wie in Joses Fall - sind es $27 570.
(Die Zahlen sind etwas höher für Alaska und Hawai wegen der höheren Lebenshaltungskosten in diesen Bundesstaaten.)
Jose erhält also jährlich noch nicht einmal $10 000! Das ist bittere Armut.
Es gibt natürlich viele Hilfsaktionen in Deming, kostenlose Mahlzeiten in den Schulen, kostenlose Krankenversicherung für mittellose Kinder, und öffentliche Beihilfen z.B. zu den Nebenkosten. Vor allem die Heizungskosten im Winter können erheblich sein, da die Häuser oft undichte Fenster und dünne Wände haben. Viele frieren, manchen wird die Elektrizität wegen ausstehenden Rechnungen abgeschaltet.
Die Armut ist bedrückend und allgegenwärtig. Es ist deprimierend, in die Innenstadt zu gehen. Die meisten kleinen Geschäfte haben dicht gemacht, die Fenster sind verbrettert. Es gibt keine Arbeitsstellen für höher Qualifizierte.
Es gibt auch keinerlei intellektuelle oder kulturelle Stimulation. Nichts zum Unternehmen, keine Parks, noch nicht einmal ein Ort zum Spazierengehen.
Die Selbstmordrate vor allem unter den jungen Menschen ist hoch. Eine Professorin an der kleinen Uni in Silver City gab während eines Vortrages an, dass ungefähr 17% der jüngeren Menschen (der bis 25-Jährigen?) versuchen, sich das Leben zu nehmen. (New Mexico, das zu den ärmsten Bundesstaaten gehört, hat die zweithöchste Selbstmordrate in den USA.)
Am letzten Donnerstag dann hieß es, Abschied nehmen. Wir haben die Telefonnummern unserer hispanischen Helfer an alle unsere Freunde und Bekannte weitergegeben. Mittlerweile haben sich neue Aushilfsjobs für sie ergeben.
Am selben Tag wollten wir mein Auto zum einzigen Windschutzscheibenreparaturbetrieb bringen, den es hier gibt. Der Besitzer dieses Betriebes saß in einem Kleinlaster in seiner Werkstatt- sternhagelvoll! Er bat uns, an einem anderen Tag wieder zu kommen.
Auf dem Heimweg dann sahen wir zwei herrenlose, spindeldürre, aber wunderschöne Hunde.
Beides - der Alkoholkonsum und das Aussetzen von Hunden - sind leider andere weitverbreitete Symptome von Armut.
Es wird wirklich Zeit für uns, nach zwölf langen Jahren von hier weg zu ziehen!
Es ist einfach zu deprimierend.
Dienstag, 1. Juli 2014
Dort kommt Ihr wahrscheinlich nie hin!
Ich spreche vom Massacre Canyon bei Cookes Peak.
Zwar ist Cookes Peak Range nicht allzu weit von Deming entfernt (von der Bundesstraße 26 am Wasserturm links abbiegen, dann auf einer unbefestigten Straße etwa eine gute dreiviertel Stunde weiter); der Massacre Canyon allerdings ist heute noch unzugänglicher als zu den Tagen der Apachen.
Während Pferde relativ einfach übers dortige Geröll und Steilböschungen gallopierten, ist das Gelände für moderne Mittel der Fortbewegung doch ziemlich herausfordernd.
Selbst mein Honda mit Allradantrieb hätte diesen Ausflug nicht unbeschadet überstanden.
Grund: Das Auto liegt nicht hoch genug über der Straße.
Man braucht also einen Kleinlaster, da diese Vehikel i.d.R. hoch genug liegen, so dass wadenhohe Steinbrocken einem nicht die Ölpfanne oder andere fürs Auto lebenswichtige Teile demolieren.
Da der Canyon aber auch scharfe und enge Kurven aufweist, darf der Kleinlaster auch nicht zu lang sein. Man stelle sich vor, bei schattenlosen 30° in der menschenleeren Einsamkeit samt Auto in einer Kurve steckenzubleiben!
Zum Glück habe ich Freunde, die über passende Fahrzeuge verfügen.
Und zum Glück war Pete schon mehrere male in diesem Canyon.
Ansonsten hätten wir ihn nie gefunden!
Zwar hatte ich zuvor schon mehrere Wegbeschreibungen studiert, z. B. die von Larry Bourne in seinem Blog. Seinen Anweisungen zufolge biegt man von der Green Leaf Mine Road "nach acht Meilen nach rechts auf einen Wüstenweg ab." Allerdings gibt es dort mindestens ein Dutzend solcher Wege! Und wie bitte unterscheidet man einen "Weg" von einem Trampelpfad, den die dort grasenden Rindviecher hinterlassen haben?
(Hier ist der Link zu Larrys Blog, http://gogittum.com/blog/?cat=163
Das Foto unter der Landkarte gibt Euch einen Eindruck davon, was man hierzulande unter "Straße" (road) versteht!)
Vor ein paar Wochen also trafen sich sechs von uns zu diesem Abenteuer. Wir brachen mit zwei Autos auf. Der Canyon verläuft auf der Ost-West-Achse und ist ungefähr 10 Kilometer lang. Wir wollten zuerst zum westlichen Eingang, da sich dort sehr gut erhaltene Petroglyphen befinden.
Dass wir - und unsere Fahrzeuge - wohlbehalten den Westeingang erreichten, war schon ein kleines Wunder!
Zwar ist die - unbefestigte - Green Leaf Mine Road (über die Bundesstraße 26 zu erreichen) relativ gut befahrbar, sobald man allerdings auf jenen Wüstenweg, der einem zum Canyon bringt, abgebogen ist, ist es mit der Spazierfahrt aus!
Zeitgenossen mit Rückenproblemen sollten vorher ihren Arzt befragen! Selbst bei "Geschwindigkeiten" von 5 Meilen per Stunde wird man derart herumgeworfen, dass man es bereut, nicht regelmäßig Yoga geübt zu haben! Manchmal hielten wir an und stiegen aus, um die nächste Böschung oder Senke in Augenschein zu nehmen und um herauszufinden, wie das Gelände am besten zu meistern sei.
Aber wie gesagt, wir kamen in relativ guter Verfassung am Westeingang des Canyons an und verbrachten gut zwei Stunden mit dem Herumkraxeln und Fotographieren der in die Felsen gemeißelten Bilder. (Ich habe keine Fotos aufgenommen, aber weiter unten folgt der Link zu der Slideshow meines Freundes David.)
Dann ging es weiter, in den Massacre Canyon hinein, der von Anno 1861 bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts die gefürchteste und tödlichste Strecke für Ost-West Reisende war.
Wenn nach Westen Reisende die auf dem obigen Foto festgehaltene Stelle erreichten, konnten sie aufatmen: Sie hatten überlebt. Diejenigen, die in umgekehrter Richten unterwegs waren, wußten nicht, ob sie lebend das Ostende erreichen würden.
Der Canyon bot den Apachen, die sich seit 1861 mit den Bleichgesichtern auf dem Kriegspfad befanden, unzählige Möglichkeiten, hinter Felsen und in Senkungen Reisenden aufzulauern. Und da sich am Osteingang eine der hierzulande eher seltenen Wasserquellen befand (und sich immer noch befindet), wo sich Zweibeiner und Vierbeiner mit dem lebensspendenden Naß versorgen konnten, gab es im Canyon relativ viel "Durchgangsverkehr."
Einigen Schätzungen zufolge kamen zwischen 1861 und 1886 um die 400 Menschen in diesem Canyon durch die Hände der Apachen ums Leben. Die Leichen wurden oftmals verstümmelt. Andere Reisende, die nach den Unglücksraben vorbeikamen, legten einfach Steine über die Überreste. (Der Boden ist zum Grabschaufeln zu hart.)
Wer mehr darüber erfahren möchte, wie diese Gefechte zwischen Apachen und Weißen abliefen, kann das in der März-Ausgabe der Desert Exposure nachlesen: http://www.desertexposure.com/201403/201403_cookes_canyon.php
Wir sahen während den vier Stunden, die wir im Canyon verbrachten, keine einzige Menschenseele. Erst bei Fort Cummings trafen wir auf ein Paar, das sich aber nicht in den Canyon traute - aus Mangel an einem geeigneten Fahrzeug.
Zuhause angekommen legte ich mich für eine Stunde in die Badewanne.
_______________________________________________________
Hier ist der versprochene Link zu der Foto-Slideshow meines Freundes David:
https://www.flickr.com/photos/dlo575/sets/72157644607918713/show/with/13945609099/
(Die Slideshow beginnt mit Fotos von den Überresten von Fort Cummings am Osteingang des Canyons und endet mit den Petroglypen am Westeingang. Die Reihenfolge ist also entgegengesetzt der unserer eigentlichen kleinen Reise.)
Blick nach Westen |
Zwar ist Cookes Peak Range nicht allzu weit von Deming entfernt (von der Bundesstraße 26 am Wasserturm links abbiegen, dann auf einer unbefestigten Straße etwa eine gute dreiviertel Stunde weiter); der Massacre Canyon allerdings ist heute noch unzugänglicher als zu den Tagen der Apachen.
Während Pferde relativ einfach übers dortige Geröll und Steilböschungen gallopierten, ist das Gelände für moderne Mittel der Fortbewegung doch ziemlich herausfordernd.
Selbst mein Honda mit Allradantrieb hätte diesen Ausflug nicht unbeschadet überstanden.
Grund: Das Auto liegt nicht hoch genug über der Straße.
Man braucht also einen Kleinlaster, da diese Vehikel i.d.R. hoch genug liegen, so dass wadenhohe Steinbrocken einem nicht die Ölpfanne oder andere fürs Auto lebenswichtige Teile demolieren.
Da der Canyon aber auch scharfe und enge Kurven aufweist, darf der Kleinlaster auch nicht zu lang sein. Man stelle sich vor, bei schattenlosen 30° in der menschenleeren Einsamkeit samt Auto in einer Kurve steckenzubleiben!
Zum Glück habe ich Freunde, die über passende Fahrzeuge verfügen.
Und zum Glück war Pete schon mehrere male in diesem Canyon.
Ansonsten hätten wir ihn nie gefunden!
Zwar hatte ich zuvor schon mehrere Wegbeschreibungen studiert, z. B. die von Larry Bourne in seinem Blog. Seinen Anweisungen zufolge biegt man von der Green Leaf Mine Road "nach acht Meilen nach rechts auf einen Wüstenweg ab." Allerdings gibt es dort mindestens ein Dutzend solcher Wege! Und wie bitte unterscheidet man einen "Weg" von einem Trampelpfad, den die dort grasenden Rindviecher hinterlassen haben?
(Hier ist der Link zu Larrys Blog, http://gogittum.com/blog/?cat=163
Das Foto unter der Landkarte gibt Euch einen Eindruck davon, was man hierzulande unter "Straße" (road) versteht!)
Dass wir - und unsere Fahrzeuge - wohlbehalten den Westeingang erreichten, war schon ein kleines Wunder!
Zwar ist die - unbefestigte - Green Leaf Mine Road (über die Bundesstraße 26 zu erreichen) relativ gut befahrbar, sobald man allerdings auf jenen Wüstenweg, der einem zum Canyon bringt, abgebogen ist, ist es mit der Spazierfahrt aus!
Zeitgenossen mit Rückenproblemen sollten vorher ihren Arzt befragen! Selbst bei "Geschwindigkeiten" von 5 Meilen per Stunde wird man derart herumgeworfen, dass man es bereut, nicht regelmäßig Yoga geübt zu haben! Manchmal hielten wir an und stiegen aus, um die nächste Böschung oder Senke in Augenschein zu nehmen und um herauszufinden, wie das Gelände am besten zu meistern sei.
Aber wie gesagt, wir kamen in relativ guter Verfassung am Westeingang des Canyons an und verbrachten gut zwei Stunden mit dem Herumkraxeln und Fotographieren der in die Felsen gemeißelten Bilder. (Ich habe keine Fotos aufgenommen, aber weiter unten folgt der Link zu der Slideshow meines Freundes David.)
Dann ging es weiter, in den Massacre Canyon hinein, der von Anno 1861 bis in die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts die gefürchteste und tödlichste Strecke für Ost-West Reisende war.
"Straße" nach Osten |
Wenn nach Westen Reisende die auf dem obigen Foto festgehaltene Stelle erreichten, konnten sie aufatmen: Sie hatten überlebt. Diejenigen, die in umgekehrter Richten unterwegs waren, wußten nicht, ob sie lebend das Ostende erreichen würden.
Der Canyon bot den Apachen, die sich seit 1861 mit den Bleichgesichtern auf dem Kriegspfad befanden, unzählige Möglichkeiten, hinter Felsen und in Senkungen Reisenden aufzulauern. Und da sich am Osteingang eine der hierzulande eher seltenen Wasserquellen befand (und sich immer noch befindet), wo sich Zweibeiner und Vierbeiner mit dem lebensspendenden Naß versorgen konnten, gab es im Canyon relativ viel "Durchgangsverkehr."
Massacre Peak |
Einigen Schätzungen zufolge kamen zwischen 1861 und 1886 um die 400 Menschen in diesem Canyon durch die Hände der Apachen ums Leben. Die Leichen wurden oftmals verstümmelt. Andere Reisende, die nach den Unglücksraben vorbeikamen, legten einfach Steine über die Überreste. (Der Boden ist zum Grabschaufeln zu hart.)
Grab eines Unbekannten im Massacre Canyon |
Grab |
1863 dann wurde Fort Cummings nahe dem Osteingang errichtet, um Reisende - halbwegs - zu schützen. Genützt hat es nicht viel. Selbst dort stationierten Soldaten, die im Januar 1866 sich zum Holzhacken in den Canyon trauten, wurde der Garaus gemacht.
Wer mehr darüber erfahren möchte, wie diese Gefechte zwischen Apachen und Weißen abliefen, kann das in der März-Ausgabe der Desert Exposure nachlesen: http://www.desertexposure.com/201403/201403_cookes_canyon.php
Wir sahen während den vier Stunden, die wir im Canyon verbrachten, keine einzige Menschenseele. Erst bei Fort Cummings trafen wir auf ein Paar, das sich aber nicht in den Canyon traute - aus Mangel an einem geeigneten Fahrzeug.
Zuhause angekommen legte ich mich für eine Stunde in die Badewanne.
_______________________________________________________
Hier ist der versprochene Link zu der Foto-Slideshow meines Freundes David:
https://www.flickr.com/photos/dlo575/sets/72157644607918713/show/with/13945609099/
(Die Slideshow beginnt mit Fotos von den Überresten von Fort Cummings am Osteingang des Canyons und endet mit den Petroglypen am Westeingang. Die Reihenfolge ist also entgegengesetzt der unserer eigentlichen kleinen Reise.)
Dienstag, 20. Mai 2014
The Enchanted Cowboy
Über den natürlichen Umgang der Menschen hier bin ich immer wieder auf angenehme Weise erstaunt.
Letzten Samstag besuchten wir im nahe gelegenen Rockhound State Park eine Musikveranstaltung mit Mike Moutoux, dem "enchanting Cowboy."
Nun ist "Country Music" nicht gerade das Genre, mit dem ich meine Ohren auf bevorzugte Weise beglücke. Meinem Mann allerdings gefällt's, und es war sein Geburtstag.
Im "group picnic shelter" hatten sich an diesem warmen Maiabend etwa 50 Zuhörer/innen versammelt, die meisten im mittleren Alter. Stühle waren bereit gestellt, ebenso kostenlose Wasserflaschen und Popcorn. Der Eintritt war kostenlos, und die Aussicht von dort oben ist phänomenal!
Nachdem er aufs freundlichste vorgestellt wurde, begann Mike sein Programm. Was folgte, war bei weitem nicht das, womit ich gerechnet hätte (nämlich mit einem langweiligen Abend, während dem ich das Gähnen kaum unterdrücken können würde.)
Ich war überrascht! Nicht nur von seiner schönen, vollen Stimme, der Poesie seiner Lieder, die er selbst komponiert, sondern vor allem von der spontanen Interaktion zwischen ihm und seinem Publikum.
Als er z.B. Mogollon erwähnte, ein altes und kaum zugängliches Bergbaudorf nördlich von Silver City, fragte ihn einer der Zuhörer: "Kann man da eigentlich jetzt noch hin?" Es entwickelte sich ein kurzes Gespräch über ein Feuer, das vor kurzem in dieser Gegend ausgebrochen war und über die folgende Sperrung der einzigen Zugangsstrasse in dieses Dorf.
(Übrigens: Falls Ihr je in diese Gegend kommt, Mogollon ist ein Besuch wert! Die gewundene Straße bietet wunderschöne Ausblicke. Das Dorf selbst hat Cafes und ein kleines Museum.)
An anderer Stelle während seines Programmes fragte Mike nach den Hobbys seiner Zuhörer, einem Hobby "that makes the world go away" (das einen die Welt um sich herum vergessen läßt). Spontan gab es einige Zurufe. In Erinnerung ist mir der rothaarige Typ, der vor mir saß. "Kayaking," meinte er und fügte hinzu, dass er erst seit drei Monaten in Deming lebe und noch keinen geeigneten See gefunden habe. ("Der hätte sich besser vor seinem Umzug kundig machen sollen!" fuhr es mir durch den Kopf.)
Als Mike sich eine kurze Verschnaufpause und ein Glas Wasser gönnte, stand ein älterer Mann auf, ging nach vorne und fragte, "Kann ich Ihre Hand schütteln? Ich hab hier so viel Spaß!" Mit einem breiten Grinsen schüttelte Mike seinem neuen Fan die Hand.
In der zweiten Stunde seines Abendprogrammes erzählte der Sänger von einem der ersten schwarzen Soldaten, der für seinen Mut in einer äußerst prekären Begegnung mit den Apachen in den Florida Mountains die "Medal of Honor" erhielt, die höchste militärische Auszeichnung der USA. (Übrigens liegt der Rockhound State Park, wo dieser nicht nur in musikalischer Hinsicht so unterhaltsame Abend stattfand, in eben diesen Bergen.) "Allerdings habe ich den Namen vergessen," gestand er.
"Clinton Greaves," kam es wie aus der Pistole geschossen von einem in der Zuhörerschaft!
(Ich hab's googlen müssen! Hier ist ein Link dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_African-American_Medal_of_Honor_recipients.)
Und wieder folgte ein spontaner Austausch, diesmal über die sogenannten Buffalo Soldaten, dem ersten nur aus Schwarzen bestehendem Regiment während der Indianerkriege, das u.a. im nahe gelegenen Fort Cummings stationiert war.
Wie gesagt, es war ein sehr angenehmer und entspannender Abend.
Und keiner hier muß sich mit Bier den Mut antrinken, um dann in der Öffentlichkeit aus sich heraus zu gehen.
In Erinnerung ist mir noch eine scherzhafte Bemerkung des Sängers: Zwei Dinge braucht der Mensch hier in New Mexico: Liebe zur Farbe Braun und Glaube in den kommenden Regen.
Recht hat er!
Wer mehr über Mike Moutoux erfahren will, hier ist die Adresse seiner Webseite:
http://www.enchantingcowboy.com/
Hier könnt Ihr ihn in Aktion bewundern:
https://www.youtube.com/watch?v=ZxsFl7zCNf4
Und Ihr kennt doch sicherlich "Ghost Riders in the Sky:"
https://www.youtube.com/watch?v=RJazNGFIkQE&feature=youtu.be&hd=1
P.S. Ich habe an diesem Abend auch das nette Ehepaar kennengelernt, das in den letzten Monaten im City of Rocks State Park (eine halbe Stunde nördlich von hier) als "camp hosts" gearbeitet hat. Er ist Brite, sie Finnin; beide wohnen in Zürich und sprechen fließend deutsch. Eine überraschende Gelegenheit, wieder mal in meiner Muttersprache zu sprechen!
Letzten Samstag besuchten wir im nahe gelegenen Rockhound State Park eine Musikveranstaltung mit Mike Moutoux, dem "enchanting Cowboy."
Nun ist "Country Music" nicht gerade das Genre, mit dem ich meine Ohren auf bevorzugte Weise beglücke. Meinem Mann allerdings gefällt's, und es war sein Geburtstag.
Im "group picnic shelter" hatten sich an diesem warmen Maiabend etwa 50 Zuhörer/innen versammelt, die meisten im mittleren Alter. Stühle waren bereit gestellt, ebenso kostenlose Wasserflaschen und Popcorn. Der Eintritt war kostenlos, und die Aussicht von dort oben ist phänomenal!
Nachdem er aufs freundlichste vorgestellt wurde, begann Mike sein Programm. Was folgte, war bei weitem nicht das, womit ich gerechnet hätte (nämlich mit einem langweiligen Abend, während dem ich das Gähnen kaum unterdrücken können würde.)
Ich war überrascht! Nicht nur von seiner schönen, vollen Stimme, der Poesie seiner Lieder, die er selbst komponiert, sondern vor allem von der spontanen Interaktion zwischen ihm und seinem Publikum.
Als er z.B. Mogollon erwähnte, ein altes und kaum zugängliches Bergbaudorf nördlich von Silver City, fragte ihn einer der Zuhörer: "Kann man da eigentlich jetzt noch hin?" Es entwickelte sich ein kurzes Gespräch über ein Feuer, das vor kurzem in dieser Gegend ausgebrochen war und über die folgende Sperrung der einzigen Zugangsstrasse in dieses Dorf.
(Übrigens: Falls Ihr je in diese Gegend kommt, Mogollon ist ein Besuch wert! Die gewundene Straße bietet wunderschöne Ausblicke. Das Dorf selbst hat Cafes und ein kleines Museum.)
An anderer Stelle während seines Programmes fragte Mike nach den Hobbys seiner Zuhörer, einem Hobby "that makes the world go away" (das einen die Welt um sich herum vergessen läßt). Spontan gab es einige Zurufe. In Erinnerung ist mir der rothaarige Typ, der vor mir saß. "Kayaking," meinte er und fügte hinzu, dass er erst seit drei Monaten in Deming lebe und noch keinen geeigneten See gefunden habe. ("Der hätte sich besser vor seinem Umzug kundig machen sollen!" fuhr es mir durch den Kopf.)
Als Mike sich eine kurze Verschnaufpause und ein Glas Wasser gönnte, stand ein älterer Mann auf, ging nach vorne und fragte, "Kann ich Ihre Hand schütteln? Ich hab hier so viel Spaß!" Mit einem breiten Grinsen schüttelte Mike seinem neuen Fan die Hand.
In der zweiten Stunde seines Abendprogrammes erzählte der Sänger von einem der ersten schwarzen Soldaten, der für seinen Mut in einer äußerst prekären Begegnung mit den Apachen in den Florida Mountains die "Medal of Honor" erhielt, die höchste militärische Auszeichnung der USA. (Übrigens liegt der Rockhound State Park, wo dieser nicht nur in musikalischer Hinsicht so unterhaltsame Abend stattfand, in eben diesen Bergen.) "Allerdings habe ich den Namen vergessen," gestand er.
"Clinton Greaves," kam es wie aus der Pistole geschossen von einem in der Zuhörerschaft!
(Ich hab's googlen müssen! Hier ist ein Link dazu: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_African-American_Medal_of_Honor_recipients.)
Und wieder folgte ein spontaner Austausch, diesmal über die sogenannten Buffalo Soldaten, dem ersten nur aus Schwarzen bestehendem Regiment während der Indianerkriege, das u.a. im nahe gelegenen Fort Cummings stationiert war.
Wie gesagt, es war ein sehr angenehmer und entspannender Abend.
Und keiner hier muß sich mit Bier den Mut antrinken, um dann in der Öffentlichkeit aus sich heraus zu gehen.
In Erinnerung ist mir noch eine scherzhafte Bemerkung des Sängers: Zwei Dinge braucht der Mensch hier in New Mexico: Liebe zur Farbe Braun und Glaube in den kommenden Regen.
Recht hat er!
Wer mehr über Mike Moutoux erfahren will, hier ist die Adresse seiner Webseite:
http://www.enchantingcowboy.com/
Hier könnt Ihr ihn in Aktion bewundern:
https://www.youtube.com/watch?v=ZxsFl7zCNf4
Und Ihr kennt doch sicherlich "Ghost Riders in the Sky:"
https://www.youtube.com/watch?v=RJazNGFIkQE&feature=youtu.be&hd=1
P.S. Ich habe an diesem Abend auch das nette Ehepaar kennengelernt, das in den letzten Monaten im City of Rocks State Park (eine halbe Stunde nördlich von hier) als "camp hosts" gearbeitet hat. Er ist Brite, sie Finnin; beide wohnen in Zürich und sprechen fließend deutsch. Eine überraschende Gelegenheit, wieder mal in meiner Muttersprache zu sprechen!
Montag, 28. April 2014
Die Beantragung eines US Reisepasses . . .
. . . ist eine völlig andere Prozedur als die Beantragung eines deutschen Passes in Deutschland.
Anfang März schon hatte ich den ersten Schritt unternommen, der darin bestand, das lokale Postamt anzurufen und um einen Termin zu bitten.
Ja, Ihr habt richtig gelesen: Das Postamt!
(Und nicht etwa das Einwohnermeldeamt. Eine solche Behörde gibt es hier nämlich nicht.)
Einige Tage zuvor hatte ich den netten Postbeamten, der jedes mal, wenn er mich am Schalter bedient, sein Deutsch übt und mir dann "Tschüß" hinterher ruft, um entsprechende Auskunft gebeten. "Rufen Sie einfach an und fragen Sie nach Sarah," riet er und reichte mir einen Zettel mit einer Telefonnummer.
So einfach war das dann allerdings doch nicht. Ich wählte mir fast die Finger wund, bevor endlich jemand den Hörer abnahm. "Oh, die Sarah ist im Moment auf einer Fortbildung. Die lernt gerade, wie das mit den Passanträgen funktionieren soll und kommt erst in einer Woche zurück."
Mit einem tiefen Seufzer rief ich also eine Woche später wieder an, hoffend, dass Sarah gut aufgepaßt haben und mit meinem Antrag keine Fehler machen würde! Nach dem zehnten Läuten nahm jemand den Hörer ab, Sarah höchstpersönlich. "Sie müssen sich allerdings noch ein paar Wochen gedulden," meinte sie. "Ich kann Ihnen einen Termin erst Ende April geben." Ich fragte nicht nach dem Grund dieser Verzögerung, sondern nahm den ersten erhältlichen Termin, nämlich letzten Mittwoch. "Und wo finde ich Sie?" fragte ich zum Abschluß unseres kurzen Gesprächs. "Kommen Sie einfach zum Schalter und fragen Sie nach mir."
Mit den benötigten Unterlagen unterm Arm geklemmt betrat ich also das Postamt und stellte mit Erleichterung fest, das die Warteschlange vor den Schaltern nur sehr kurz war. Brav stellte ich mich an, und nach nur wenigen Augenblicken trat ich vor einen der drei Schalter. "Sarah ist noch in ihrer Mittagspause, sollte aber gleich zurück sein," war die freundliche Auskunft. Also stellte ich mich zurück in die Wartehalle, gespannt, wie sich die Dinge weiter entwickeln würden.
Etwa zwei Minuten später drehte sich der freundliche Postbeamte zur Seite, winkte eine Person außerhalb meines Blickfeldes zu sich und deutete dann auf mich. Hinter dem dritten Schalter tauchte nun Sarah auf, über-rundlich, gut Ende dreißig, aber mit Zahnspange. Mit einem Stirnrunzeln blickte sie zu mir herüber, winkte mich dann ihrerseits zu sich.
Überrascht trat ich zu ihr. Das ganze würde also hier vor aller Augen und in Hörweite der Wartenden stattfinden?! Also kein Termin unter vier Augen in ihrem Büro?!
Genauso war es!
"Haben Sie alles dabei?" "Das hoffe ich," antwortete ich irgendwie kleinlaut. Es fiel mir ausgesprochen schwer, mich an den öffentlichen Charakters dieses Vorgangs zu gewöhnen!
Sie ging durch alle Dokumente, machte Kopien, und stellte dann und wann ein paar Fragen. Dann kam etwas, womit ich nie gerechnet hätte: Sie bat mich, meine rechte Hand zu heben! Als ich dem artig Folge geleistet hatte, las sie einen Eid vor. "Ich schwöre hiermit, dass ich Staatsangehörige der USA bin, dass ich keinerlei falsche Angaben gemacht habe, etc." "Do you agree?" fragte sie zum Schluß. "Yes!" antwortet ich mit einem Stoßseufzer. Ich kam mir außerordentlich affig vor und konnte den Abschluß dieses Vorgangs kaum erwarten.
Allerdings waren noch die saftigen Gebühren zu begleichen: $110 für den Paß (es wären $135 gewesen, hätte ich gleichzeitig jene Paßkarte beantragt, die man allerdings nur beim Grenzübergang nach Mexiko und Kanada vorzeigen kann) und eine Bearbeitungsgebühr von $25.
Ach ja, bis ich den Paß dann endlich in meinen Händen habe, werden noch mal vier bis sechs Wochen vergehen.
Anfang März schon hatte ich den ersten Schritt unternommen, der darin bestand, das lokale Postamt anzurufen und um einen Termin zu bitten.
Ja, Ihr habt richtig gelesen: Das Postamt!
(Und nicht etwa das Einwohnermeldeamt. Eine solche Behörde gibt es hier nämlich nicht.)
Einige Tage zuvor hatte ich den netten Postbeamten, der jedes mal, wenn er mich am Schalter bedient, sein Deutsch übt und mir dann "Tschüß" hinterher ruft, um entsprechende Auskunft gebeten. "Rufen Sie einfach an und fragen Sie nach Sarah," riet er und reichte mir einen Zettel mit einer Telefonnummer.
So einfach war das dann allerdings doch nicht. Ich wählte mir fast die Finger wund, bevor endlich jemand den Hörer abnahm. "Oh, die Sarah ist im Moment auf einer Fortbildung. Die lernt gerade, wie das mit den Passanträgen funktionieren soll und kommt erst in einer Woche zurück."
Mit einem tiefen Seufzer rief ich also eine Woche später wieder an, hoffend, dass Sarah gut aufgepaßt haben und mit meinem Antrag keine Fehler machen würde! Nach dem zehnten Läuten nahm jemand den Hörer ab, Sarah höchstpersönlich. "Sie müssen sich allerdings noch ein paar Wochen gedulden," meinte sie. "Ich kann Ihnen einen Termin erst Ende April geben." Ich fragte nicht nach dem Grund dieser Verzögerung, sondern nahm den ersten erhältlichen Termin, nämlich letzten Mittwoch. "Und wo finde ich Sie?" fragte ich zum Abschluß unseres kurzen Gesprächs. "Kommen Sie einfach zum Schalter und fragen Sie nach mir."
Mit den benötigten Unterlagen unterm Arm geklemmt betrat ich also das Postamt und stellte mit Erleichterung fest, das die Warteschlange vor den Schaltern nur sehr kurz war. Brav stellte ich mich an, und nach nur wenigen Augenblicken trat ich vor einen der drei Schalter. "Sarah ist noch in ihrer Mittagspause, sollte aber gleich zurück sein," war die freundliche Auskunft. Also stellte ich mich zurück in die Wartehalle, gespannt, wie sich die Dinge weiter entwickeln würden.
Etwa zwei Minuten später drehte sich der freundliche Postbeamte zur Seite, winkte eine Person außerhalb meines Blickfeldes zu sich und deutete dann auf mich. Hinter dem dritten Schalter tauchte nun Sarah auf, über-rundlich, gut Ende dreißig, aber mit Zahnspange. Mit einem Stirnrunzeln blickte sie zu mir herüber, winkte mich dann ihrerseits zu sich.
Überrascht trat ich zu ihr. Das ganze würde also hier vor aller Augen und in Hörweite der Wartenden stattfinden?! Also kein Termin unter vier Augen in ihrem Büro?!
Genauso war es!
"Haben Sie alles dabei?" "Das hoffe ich," antwortete ich irgendwie kleinlaut. Es fiel mir ausgesprochen schwer, mich an den öffentlichen Charakters dieses Vorgangs zu gewöhnen!
Sie ging durch alle Dokumente, machte Kopien, und stellte dann und wann ein paar Fragen. Dann kam etwas, womit ich nie gerechnet hätte: Sie bat mich, meine rechte Hand zu heben! Als ich dem artig Folge geleistet hatte, las sie einen Eid vor. "Ich schwöre hiermit, dass ich Staatsangehörige der USA bin, dass ich keinerlei falsche Angaben gemacht habe, etc." "Do you agree?" fragte sie zum Schluß. "Yes!" antwortet ich mit einem Stoßseufzer. Ich kam mir außerordentlich affig vor und konnte den Abschluß dieses Vorgangs kaum erwarten.
Allerdings waren noch die saftigen Gebühren zu begleichen: $110 für den Paß (es wären $135 gewesen, hätte ich gleichzeitig jene Paßkarte beantragt, die man allerdings nur beim Grenzübergang nach Mexiko und Kanada vorzeigen kann) und eine Bearbeitungsgebühr von $25.
Ach ja, bis ich den Paß dann endlich in meinen Händen habe, werden noch mal vier bis sechs Wochen vergehen.
Dienstag, 1. April 2014
Flaggen überall
Amerikaner/innen haben meist ein ungebrochenes Verhältnis zu ihrem Land und schätzen sich äußerst glücklich, in diesem Land geboren worden zu sein.
So flattert also die Flagge nicht nur in so manchem Vorgarten, sondern weht von jedem öffentlichen Gebäude und vor vielen Geschäften; sie befindet sich sogar in jedem Kirchenraum.
Letzten Sonntag bin ich durch die Straßen unserer Kleinstadt gefahren und habe diesen Umstand fotografisch dokumentiert.
Vor dem Postamt:
Vor dem Eingang des Krankenhauses (die gelbe Fahne ist die von New Mexico):
Vom Dach des Bestattungsinstituts:
Vor dem Gebäude, in dem sich das Sheriffs Büro befindet:
Vor dem "Court House" (eine Kombination von Amtsgericht und einen Teil der Bezirksverwaltung)
Vor der Touristeninformationzentrale:
Vor der High School:
Für dieses Foto mußte ich am Montag zurück in die Stadt, da die Flagge wohl am Ende jedes Schultages heruntergelassen wird und von daher am Sonntag nicht fotografiert werden konnte.
Apropos strafrechtliche Verfolgung: Erinnert Ihr Euch an David Eckert, der hier in Deming wegen Verdachts, Drogen in seinem Hinterteil zu schmuggeln, verhaftet wurde (siehe letzter Blogeintrag)? Der erhielt mittlerweile über 1,5 Millionen Dollar als Entschädigung! Mehr dazu hier:
http://www.cnn.com/2014/01/16/justice/new-mexico-search-settlement/index.html?eref=mrss_igoogle_cnn
So flattert also die Flagge nicht nur in so manchem Vorgarten, sondern weht von jedem öffentlichen Gebäude und vor vielen Geschäften; sie befindet sich sogar in jedem Kirchenraum.
Letzten Sonntag bin ich durch die Straßen unserer Kleinstadt gefahren und habe diesen Umstand fotografisch dokumentiert.
Vor dem Postamt:
Vor dem Gebäude, in dem sich das Sheriffs Büro befindet:
Vor der Touristeninformationzentrale:
Vor der High School:
Für dieses Foto mußte ich am Montag zurück in die Stadt, da die Flagge wohl am Ende jedes Schultages heruntergelassen wird und von daher am Sonntag nicht fotografiert werden konnte.
Vom Dach der Großhandelskette Walmart:
Auf dem Friedhof:
Auf dem Grab eines Patrioten:
Wie Ihr wahrscheinlich schon wißt, symbolisieren die 13 roten und weißen Streifen die britischen Kolonien, die dann in 1776 ihre Unabhängigkeit deklarierten und die allerersten Bundesstaaten formten. Die 50 Sterne in dem blauen Quadrat stehen für die 50 gegenwärtigen Bundesstaaten der USA.
Als mein Mann geboren wurde, hatte die Flagge nur 48 Sterne. Alaska und Hawaii waren noch keine Bundesstaaten. Seit dem 4. Juli 1960 hat die Fahne nun ihr gegenwärtiges und offizielles Design.
Es gibt eine regelrechte Flagge-Etikette, nach der z.B. die Flagge nie den Boden berühren sollte und beleuchtet werden muß, wenn sie nicht bei Einbruch der Nacht heruntergelassen wird. Wenn sie neben anderen Fahnen weht, darf sie nicht tiefer als ihre "Nachbarinnen" stehen.
Wenn ich also auf die Idee käme, mir ein US Fähnchen in den Vorgarten zu stellen und ein deutsches dazuzugesellen, müßte das meiner Wahlheimat höher angebracht werden.
Vor Gesetzeshütern müßte ich allerdings keine Angst haben: Verstöße gegen den "Flag Code" werden i.d.R. strafrechtlich nicht verfolgt.
http://www.cnn.com/2014/01/16/justice/new-mexico-search-settlement/index.html?eref=mrss_igoogle_cnn
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