Wenn meine Mutter
ihren Unmut gegenüber Menschen, die eine andere Sprache sprachen, zum Ausdruck
bringen wollte, sagte sie mit dem verächtlichsten Unterton, den sie aufbringen
konnte: „Das ist ja ein Ausländer!“ oder
„Das ist ja eine Ausländerin!“ Als meine
Schwester sich dann einen Griechen als Freund zulegte, hing natürlich der
Haussegen für eine Weile recht schief. Als Halbwüchsige war für mich von daher
die Vorstellung, selbst mal Ausländerin zu sein, nicht allzusehr verlockend.
Und meine Erfahrungen als deutsche Studentin in Zürich waren auch nicht sehr
ermutigend.
Dennoch hatte ich
hier in den USA von Anfang an keinerlei Befürchtungen. In den fast zwölf
Jahren, in denen ich hier lebe, habe ich genau drei gegen mich gerichtete
fremdenfeindliche Äußerungen gehört.
Die erste kam von
einem Patienten am Krankenhaus in Yuma, im Bundesstaat Arizona. „We do not need
you here!“ Ich habe vergessen, wie unser Gespräch daraufhin weiterging.
Die zweite und
dritte Bemerkung kamen dann recht schnell hintereinander und zwar zu der Zeit,
als die USA gerade mit dem Irak Krieg angezettelt und Deutschland sich
geweigert hatte, da mitzuspielen. Ein Bekannter, den wir bei Wal-Mart trafen,
murmelte zähneknirschend mit einem Blick auf mich etwas von dem „crap the
Germans do to us,“ („crap“ kann mit „Kacke“ übersetzt werden) und dann im
Besucherzentrum des Rockhound State Parks, wo ich einen „visitor pass“ erstand
und die Dame sich nach meiner Nationalität erkundigte. „We won’t hold it
against you.” Meine Gegenfrage, “Why
should you?” blieb natürlich unbeantwortet.
Glücklicherweise
dauerte es ja nicht lange und die Öffentlichkeit begann, den Irak-Krieg als
„Invasion“ zu bezeichnen und zu kritisieren. Damit konnte ich mich wieder
sicher fühlen.
Nun bringt
allerdings das Leben so nahe an der mexikanischen Grenze eine Unannehmlichkeit
mit sich, die man als Ausländer/in ansderswo nicht hat: Man kommt aus Deming
kaum heraus oder – wenn man von Columbus, dem Dorf direkt an der Grenze, kommt
- nicht hinein, ohne eine Grenzschutzkontrolle zu passieren. Und die haben sich
während der letzten Jahren vervielfältigt.
Die
umfangreichste ist die „Border Control Station“ auf der I 10 (Autobahn 10),
einige Meilen östlich von hier. Zwar kann man nach Las Cruces durchfahren; in
entgegengesetzter Richtung allerdings müssen alle Fahrzeuge anhalten, und die
Fahrer werden von Grenzschutzbeamten nach ihrer Nationalität befragt. Da mein
Mann und ich vergleichsweise hellhäutig sind und wohl eher recht harmlos aussehen,
werden wir oft einfach durchgewinkt. Wenn nicht, muß ich dann meine Greencard
vorweisen. Nun ist das natürlich kein großer Aufwand und die Beamten sind
i.d.R. sehr höflich, dennoch ist das stressig. Ich nehme an, es handelt sich
hier um ein ähnliches Phänomen wie der leicht erhöhte Blutdruck in einer
Arztpraxis. Allein die Tatsache, es mit einem Arzt zu tun zu haben – hier mit
einem Beamten – ist „aufregend.“
Bei der
Autobahn-Kontrolle werden auch Spürhunde eingesetzt, da man ja nicht nur
Illegale einfangen will, sondern auch Drogenschmuggler. Es kann dann schon mal
passieren, dass die Vierbeiner falschen Alarm schlagen, wenn man besonders
leckeres Hundefutter im Kofferraum transportiert!
Die Kontrollen
auf den Bundesstraßen, der 180 nach Silver City und der 26 nach Hatch, werden
nur ab und zu aufgebaut. Dort nehmen sich die Beamten dann mehr Zeit, spähen
schon mal durch die Scheiben in den Innenraum des Autos, fragen nach dem Woher
und Wohin und plaudern gerne mit den Fahrern.
Desöfteren machen die auch nette Bemerkungen über mein Heimatland: “It’s
really pretty there!” „I love Germany!“
Die
Kontrollstation auf der Bundestraße 11 - von Columbus kommend - ist nun eine
ständige Einrichtung. Wenn man also kurz zum Einkaufen oder beim Zahnarzt in
Mexiko war, muß man zweimal durch die Kontrollen: die direkt an der Grenze, wo
die Beamten manchmal ausgesprochen garstig sind, und am Highway 11, kurz hinter
Columbus.
Wie gesagt, das
ist alles keine große Schikane, vor allem, wenn man bedenkt, dass ja alle - die
Staatsbürger/innen und die mit einer Greencard - diese Kontrollen passieren
müssen.
Falls Ihr also
hierher zu Besuch kommt, vergeßt nicht, Euren Paß oder Eure Greencard stets
griffbereit zu haben! Ich weiß nicht, wie die Beamten reagieren, wenn Ihr Euch
nicht ausweisen könnt. Ich habe mir sagen lassen, dass das dann nicht lustig
ist!
Abgesehen von den
Grenzschutzbeamten wollen natürlich auch andere wissen, woher man kommt.
Schließlich meistern die wenigsten von uns Deutschsprechenden eine akzentfreie
Aussprache des amerikanischen Englisch. (Ich fühle mich immer ganz
gebauchpinselt, wenn jemand fragt, ob ich aus England bin!) Die Reaktion ist
durchweg positiv, und der Frager erzählt entweder von seinen deutschen
Vorfahren, die anno dazumal hier eingewandert sind, oder von schönen
Urlaubstagen am Rhein oder in München.
Ich denke, es ist
viel einfacher, hier Ausländerin zu sein als z.B. in Ludwigshafen am Rhein, wo ich
aufwuchs.
An alle, die hier
leben, was sind Eure Erfahrungen?